BGH zur Begrenzung der Haftung bei wirtschaftlicher Neugründung“ einer GmbH

A hat von B im Jahr 2005 den ein­zi­gen Geschäfts­an­teil einer GmbH erwor­ben, die 1993 gegrün­det wor­den war, aller­dings alle Akti­vi­tä­ten ein­ge­stellt hatte und erst im Juli 2004 wirt­schaft­lich mit ande­rem Unter­neh­mens­ge­gen­stand wie­der­be­lebt wurde. Diese sog. wirt­schaft­li­che Neu­grün­dung” wurde dem Han­dels­re­gis­ter nicht mit­ge­teilt. Im Februar 2007 ist das Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net wor­den; der Insol­venz­ver­wal­ter ver­langt 36 000 € von A. 

Haf­tet A? 

Nein, s. § 13 II GmbHG. Die GmbH war 1993 schließ­lich ord­nungs­ge­mäß gegrün­det wor­den. (Dafür ein gro­ßer Teil der Fachliteratur) 

Ja, die wirt­schaft­li­che Neu­grün­dung” ist ent­spre­chend einer recht­li­chen Neu­grün­dung zu behan­deln. (Dafür der BGH v. 7.7. 2003, NJW 20033198). 

Wenn man dem BGH folgt: Wie haf­tet A? 

Dif­fe­renz zwi­schen Stamm­ka­pi­tal und Ver­mö­gen im Februar 2007 (Vor­in­stanz OLG Mün­chen Urt. v. 11. März 2010232814/09). Haf­tung endet erst mit Offen­le­gung der wirt­schaft­li­chen Neu­grün­dung”, was im Insol­venz­fall auf unbe­grenzte Ver­lust­de­ckungs­haf­tung hinausläuft. 

Dif­fe­renz zwi­schen Stamm­ka­pi­tal und Ver­mö­gen im Juli 2004 (BGH Urteil vom 6. März 2012II ZR 56/10). Der Senat hat ent­schie­den, dass es im vor­lie­gen­den Fall für eine etwaige Unter­bi­lanz­haf­tung der Beklag­ten, die gege­be­nen­falls als Erwer­be­rin des Geschäfts­an­teils haf­tet, dar­auf ankommt, ob im Zeit­punkt der wirt­schaft­li­chen Neu­grün­dung im Juli 2004 eine Deckungs­lü­cke zwi­schen dem Ver­mö­gen der Gesell­schaft und dem sat­zungs­mä­ßi­gen Stamm­ka­pi­tal bestan­den hat.”

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2 Kommentare

  1. Die span­nende Frage ist doch: Wie stellt man heute (2012) fest, ob und wel­che Deckungs­lü­cke bei der wirt­schaft­li­chen Neu­grün­dung vor 8 Jah­ren (2004) bestand?

    Vor­schlag: Solange nichts fest­ge­stellt wer­den kann, gehen wir von Null Ver­mö­gen und Null Schul­den aus. Also Haf­tung in Höhe des Stamm­ka­pi­tals (hier knapp 25.000 €).
    Für Schul­den z.Zt. der Neu­grün­dung ist der Insol­venz­ver­wal­ter beweis­pflich­tig, für das Vor­han­den­sein von Aktiva der Gesellschafter.

    Der not­wen­dige Druck, die Neu­grün­dung offen­zu­le­gen, könnte immer­hin dadurch gewähr­leis­tet wer­den, dass ent­spre­chend § 9 II GmbHG der Anspruch erst 10 Jahre nach Offen­le­gung ver­jährt, also ohne Offen­le­gung nie. Aber inso­weit bin ich mal sehr auf die Ent­schei­dungs­gründe gespannt.

  2. Ver­ständ­nis­frage: In der Insol­venz einer nor­mal” gegrün­de­ten GmbH klagt der Ver­wal­ter gegen die Gesell­schaf­ter auf Leis­tung ihrer Ein­lage. Die Beweis­last, dass diese bereits geleis­tet wurde, trifft die Gesell­schaf­ter (BGH, Urteil v. 22.06.1992, IIZR30/91). Vor­lie­gend haben wir eine fak­ti­sche Grün­dung, die als sol­che nicht nach außen kennt­lich gemacht wurde. Nach mei­ner Vor­stel­lung haben wir die glei­che pro­zes­suale Situa­tion. Der Ver­wal­ter muss die Neu­grün­dung bewei­sen und die Gesell­schaf­ter, dass das Stamm­ka­pi­tal im tat­säch­li­chen Grün­dungs­zeit­punkt vor­han­den war. Aus Ver­wal­ter­sicht würde das im Ergeb­nis tat­säch­lich hei­ßen, wenn keine Belege vor­ge­legt wer­den, geht er von der Nicht­zah­lung aus.

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