BGH zur (Nicht-)Haftung des Aufsichtsrats einer GmbH

Der BGH hat am 20.9.2010 ent­schie­den, dass Mit­glie­der eines fakul­ta­ti­ven Auf­sichts­rats einer GmbH nicht für Zah­lun­gen der Geschäfts­füh­rer haf­ten, die nach Insol­venz­reife zu einer Ver­min­de­rung der Insol­venz­masse füh­ren. Dies wird mit dem Wort­laut des § 52 GmbHG (der nicht auf § 93 Abs. 3 <Nr. 6> AktG ver­weist), der His­to­rie der Norm und dem Sinn und Zweck begrün­det: Wenn die Gesell­schaf­ter einer GmbH frei­wil­lig einen Auf­sichts­rat bil­den, wol­len sie damit … nicht von der dua­lis­ti­schen Struk­tur der GmbH abwei­chen, son­dern ledig­lich ein Gre­mium schaf­fen, das für die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung als dem maß­geb­li­chen Wil­lens­bil­dungs- und Kon­troll­organ der Gesell­schaft Teil­auf­ga­ben der Über­wa­chung der Geschäfts­füh­rer über­nimmt und sicher­stellt, dass diese die Geschäfte so füh­ren, wie es dem wohl­ver­stan­de­nen Inter­esse der Gesell­schaf­ter ent­spricht. Anders als der obli­ga­to­ri­sche Auf­sichts­rat ist der fakul­ta­tive Auf­sichts­rat des­we­gen nicht im Inter­esse der All­ge­mein­heit in die Pflicht genom­men und hat keine über seine ihm von der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung über­tra­ge­nen Auf­ga­ben hin­aus­ge­hen­den öffent­li­chen Belange zu wah­ren.” (Rn. 26). Mit den öffent­li­chen Belan­gen sind hier die Inter­es­sen der Gläu­bi­ger gemeint.

Man kann ergän­zen: Der fakul­ta­tive AR kann gar nicht ener­gisch genug auf die Geschäfts­füh­rer ein­wir­ken, er hat nur ein Kon­troll­recht, mehr nicht, und vor allem: die­ser AR kann die Geschäfts­füh­rer nicht abberufen.

Die eigent­li­che Bedeu­tung des Urteils liegt in den Aus­sa­gen zur Haf­tung der Mit­glie­der obli­ga­to­ri­scher Auf­sichts­räte (sei es bei der AG, sei es bei der GmbH). Der Senat hat eine sol­che Haf­tung für Zah­lun­gen nach Insol­venz­reife bejaht, wenn diese an ein AR-Mit­glied ging (BGH, Urteil vom 16. März 2009 — II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rn. 14 f., 24). Erwei­ternd heißt es nun in den obiter dicta (Her­vor­he­bun­gen von mir):

Erkennt der Auf­sichts­rat oder muss er erken­nen, dass die Gesell­schaft insol­venz­reif ist, und bestehen für ihn Anhalts­punkte für die Annahme, dass der Vor­stand ent­ge­gen dem Ver­bot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG Zah­lun­gen leis­ten wird, hat der Auf­sichts­rat dar­auf hin­zu­wir­ken, dass der Vor­stand die ver­bots­wid­ri­gen Zah­lun­gen unter­lässt. Ein sol­cher Anhalts­punkt eines Ver­sto­ßes gegen § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG besteht etwa dann, wenn die Gesell­schaft Arbeit­neh­mer beschäf­tigt und der Vor­stand das Unter­neh­men nach Ein­tritt der Insol­venz­reife fort­führt. Dann liegt es nahe, dass der Vor­stand zumin­dest die Zah­lung der Löhne und Arbeit­ge­ber­an­teile zur Sozi­al­ver­si­che­rung ver­an­las­sen und dadurch gegen § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG ver­sto­ßen wird … Ver­letzt der Auf­sichts­rat einer Akti­en­ge­sell­schaft schuld­haft diese Über­wa­chungs­pflicht, sind seine Mit­glie­der zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet. …Die Ersatz­pflicht folgt aus § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, auf den § 116 AktG eben­falls ver­weist.” (Rn. 1314). 

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