BVerwG: Weisungen an Aufsichtsräte kommunaler GmbH

Im kom­mu­na­len Bereich erfreut sich die GmbH erheb­li­cher Beliebt­heit. Ins­be­son­dere Stadt­werke sind in die­ser Rechts­form orga­ni­siert. Ein Auf­sichts­rat (AR) wird dort zumeist auf frei­wil­li­ger Basis ein­ge­rich­tet. Das Recht die­ser kom­mu­na­len Auf­sichts­räte ist in jün­ge­rer Zeit in Bewe­gung gera­ten. Die vor Jah­res­frist ergan­gene Doberlug”-Entscheidung des BGH ver­neinte eine Ver­ant­wort­lich­keit der AR-Mit­glie­der für mas­se­ver­kür­zende Zah­lun­gen durch die Geschäfts­füh­rer in der Insol­venz­krise. Der Gesetz­ge­ber plant in einer im Herbst als Regie­rungs­ent­wurf vor­lie­gen­den Akti­en­rechts­no­velle 2012 die Öffent­lich­keit der AR-Sit­zun­gen kom­mu­na­ler Gesell­schaf­ten durch Sat­zungs­klau­sel zu ermög­li­chen. Vor eini­gen Tagen hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt zum Pro­blem ent­schie­den, ob und ggf. auf wel­cher Rechts­grund­lage der Stadt­rat die kom­mu­na­len Auf­sichts­räte anwei­sen kann. Die Streit­frage hat das BVerwG (8 C 16.10) am 31.8.2011 mit grund­sätz­lich ja” beant­wor­tet. Das Wei­sungs­recht könne im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH gere­gelt wer­den. § 52 Abs. 1 GmbHG stellt den fakul­ta­ti­ven Auf­sichts­rats zur Dis­po­si­tion die­ses Ver­trags. Bei Gesell­schaf­ten in Alle­inha­ber­schaft der Stadt wird der Rechts­ver­kehr auch kei­nen unab­hän­gi­gen Auf­sichts­rat erwar­ten. Das eigent­li­che Pro­blem sind die PPP-Unter­neh­men (Public Pri­vate Part­ners­hip), also wenn die GmbH nur teil­weise der Stadt gehört. Noch kom­ple­xer wird es, wenn deren Gesell­schafts­ver­trag die Vor­schrif­ten des Akti­en­rechts zwar abbe­dingt, aber keine Rege­lung zur Wei­sungs­frage trifft. 

Das BVerwG hatte exakt über die­sen Fall zu befin­den. Es sei im Wege der Ver­trags­aus­le­gung zu prü­fen, was der Gesell­schafts­ver­trag an Stelle der akti­en­recht­li­chen Vor­schrif­ten regeln wollte. Dabei sei zu berück­sich­ti­gen, dass die Gemeinde bei Abschluss des Gesell­schafts­ver­tra­ges im Zwei­fel die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen an die kom­mu­nal­recht­li­che Zuläs­sig­keit ihrer Betei­li­gung an einer der­ar­ti­gen Gesell­schaft ein­hal­ten wollte. Mit den kom­mu­nal­recht­li­chen Vor­schrif­ten ist ein Rege­lungs­sys­tem vor­han­den, auf das als Aus­le­gungs­hilfe für den Gesell­schafts­ver­trag zurück­ge­grif­fen wer­den kann. Da sich die Gemeinde gemäß § 108 Abs. 5 Nr. 2 GO NRW nur dann an einer GmbH mit einem fakul­ta­ti­ven Auf­sichts­rat betei­li­gen darf, wenn durch die Aus­ge­stal­tung des Gesell­schafts­ver­tra­ges sicher­ge­stellt ist, dass der Rat den von der Gemeinde bestell­ten oder auf Vor­schlag der Gemeinde gewähl­ten Mit­glie­dern des Auf­sichts­rats Wei­sun­gen ertei­len kann, ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Gesell­schaf­ter die gesell­schafts­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für eine Rele­vanz die­ser Wei­sun­gen im Gesell­schafts­ver­trag schaf­fen woll­ten. Des­halb ist der Aus­schluss der Vor­schrif­ten des Akti­en­ge­set­zes durch den Gesell­schafts­ver­trag dahin aus­zu­le­gen, dass statt­des­sen ein Wei­sungs­recht des Beklag­ten gegen­über den Klä­gern für die Wahr­neh­mung ihrer Rechte als Mit­glie­der des Auf­sichts­rats bestehen soll.” (aus der Pressemitteilung) 

Ist damit die umstrit­tene Frage nach der Wei­sungs­bin­dung kom­mu­na­ler Auf­sichts­räte geklärt? Nein, aus zwei Grün­den: Ers­tens hat der BGH die gesell­schafts­recht­li­che Seite noch nicht ent­schie­den, zwei­tens betrifft das ver­wal­tungs­höchst­rich­ter­li­che Judi­kat nur einen Aus­schnitt (Mehr­heit bei der Kom­mune, völ­li­ger Aus­schluss des Akti­en­rechts). Nur für die­sen Fall hat das BVerwG eine ergän­zende Ver­trags­aus­le­gung prak­ti­ziert. Bei Min­der­heits­be­tei­li­gun­gen und/​oder nicht dero­gier­tem Akti­en­recht dürfte die­ser Kniff” nicht funktionieren.

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