Ein großes Werk zum Europäischen Gesellschaftsrecht …

… hat Ste­fan Grund­mann soeben in der 2. (wirk­lich völ­lig neu bear­bei­te­ten) Auf­lage 2011 vor­ge­legt. Zuwei­len hat man den Ein­druck, das euro­päi­sche Gesell­schafts­recht ent­wi­ckele sich eher zufäl­lig und sprung­haft. Diese vor­der­grün­dige Sicht­weise teilt Grund­mann nicht, son­dern er ent­fal­tet in fas­zi­nie­ren­der Weise das äußere und innere Sys­tem, das er in den Richt­li­nien und Ver­ord­nun­gen erkennt, seit den spä­ten sech­zi­ger Jah­ren bis heute erlas­sen wur­den. Unter inten­si­ver Her­an­zie­hung inter­na­tio­na­ler Quel­len wer­den die Rechts­akte der EWG/EG/EU seit der 1. Richt­li­nie (1968) ein­ge­hend erläu­tert, geglie­dert und in ihrer Wir­kungs­weise ana­ly­siert. Die Libe­ra­li­sie­rung (Mobi­li­tät des Geschäfts, Kapi­tals und der Gesell­schaft ins­ge­samt) sowie die Darstellung/​Bewer­tung des Unter­neh­mens­zu­stan­des (ins­be­son­dere bei Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten) nennt der Autor als all­ge­meine Prin­zi­pien des euro­päi­schen Gesell­schafts­rechts (S. 690). Dass die Har­mo­ni­sie­rung in ers­ter Linie die Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten betrifft, erklärt er mit den Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mina und dem grund­sätz­li­chen Aus­schluss der per­sön­li­chen Haf­tung. Für das innere Sys­tem” stellt er Rege­lungs­prin­zi­pien fest, etwa das Infor­ma­ti­ons­mo­dell” (Infor­ma­ti­ons­re­geln genie­ßen Vor­zug gegen­über inhalt­lich zwin­gen­den Fest­le­gun­gen). Das Rechts­ge­biet (Gesell­schafts­recht plus Bilanz­recht plus Kapi­tal­markt­recht) habe die Krise der neun­zi­ger Jahre über­wun­den, seit 1999 sei gera­dezu ein Boom zu ver­zeich­nen und mit einer sich ent­wi­ckeln­den Euro­päi­schen Gesell­schafts­rechts­wis­sen­schaft” werde die Zukunft gewon­nen (S. 698 ff). 

Wirkt aus­ge­rech­net hier das sanfte Mons­ter Brüs­sel” (Enzens­ber­ger) so segens­reich? Kön­nen Zwei­fel und Unbe­ha­gen am gegen­wär­ti­gen EU-Zustand die eli­täre Rechts­ma­te­rie des Unter­neh­mens­rechts gar nicht infi­zie­ren? Danach sieht es nach Grund­manns bril­lan­ten Dar­le­gun­gen aus, aber die Geschichte mag keine linea­ren Fort­schrei­bun­gen. Unbe­scha­det die­ser skep­ti­schen Bemer­kun­gen gegen­über einem eupho­ri­schen Bild („die Euro­päi­sche Ver­fas­sung ist Rea­li­tät”, Geleit­wort S. VII) ist die­ses Werk allen zu emp­feh­len, die mit dem EU gepräg­ten Gesellschafts‑, Bilanz- Kapi­tal­markt (und in Tei­len dem Insol­venz- und Steu­er­recht) zu tun haben. Das 728 Sei­ten umfas­sende Buch sei vor­nehm­lich für den Prak­ti­ker geschrie­ben” (?), es gebe auch dem fort­ge­schrit­te­nen Stu­den­ten das Mate­rial für her­aus­ge­ho­bene Examens­er­geb­nisse” (Vor­wort); letz­te­res mag für Haus- und Semi­nar­ar­bei­ten gel­ten. Jeden­falls der wis­sen­schaft­lich Inter­es­sierte wird das Werk immer wie­der her­an­zie­hen, zumal es in Breite, Tiefe und Aktua­li­tät der­zeit ein­zig­ar­tig ist.

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