Geschäfte mit dem Vorstand: Zustimmung des Aufsichtsrats oder Vertretung durch ihn

Wesent­li­che Geschäfte sol­len der Zustim­mung des Auf­sichts­rats bedür­fen.” So lau­tet die Emp­feh­lung des Deut­sche Cor­po­rate Gover­nance-Kodex Nr. 4.3.4. Satz 3. Gemeint sind nach dem Satz zuvor u.a alle Geschäfte zwi­schen dem Unter­neh­men einer­seits und den Vor­stands­mit­glie­dern (…)”. Ange­nom­men: (1) Das Vor­stands­mit­glied V möchte Urlaub in einem Cha­let machen, das der AG gehört; (2) V möchte das Cha­let von der AG erwer­ben. Nach dem Kodex wäre im ers­ten Fall der Auf­sichts­rat wegen feh­len­der Wesent­lich­keit wohl nicht zu betei­li­gen, im zwei­ten Fall könnte ein wesent­li­ches Geschäft zu beja­hen sein, wes­halb der Auf­sichts­rat zuzu­stim­men hat. Lei­der ist bei­des akti­en­ge­setz­lich falsch. Die Kodex-Emp­feh­lung führt inso­weit in die Irre. 

Vor­stands­mit­glie­dern gegen­über ver­tritt der Auf­sichts­rat die Gesell­schaft (…)”. So lau­tet mit § 112 die maß­geb­li­che Norm des Akti­en­ge­set­zes. Das Gesetz unter­schei­det nicht zwi­schen wesent­li­chen und unwe­sent­li­chen Geschäf­ten. Und vor allem ord­net es nicht ledig­lich eine interne Zustim­mung zu einem Geschäft an, son­dern weist dem Auf­sichts­rat die Ver­tre­tungs­macht dafür zu. Eine Akti­en­ge­sell­schaft, die der Emp­feh­lung des Kodex folgt, würde in den Bei­spielsfäl­len gegen das gel­tende Recht ver­sto­ßen. Die zuwei­len geäu­ßerte Kri­tik, dass der Kodex in sei­ner Para­phrase des Akti­en­rechts die Dinge manch­mal schief dar­legt, fin­det hier wei­tere Nah­rung (s. Mut­ter AG 2012, R 308). 

Erst mit einer Kom­men­tie­rung (!) des Kodex sind die Betei­lig­ten auf der siche­ren Seite. Dort wird ihnen erklärt, dass der AR die Gesell­schaft ohne­hin nach § 112 AktG unmit­tel­bar” ver­tritt (Ring­leb, DCGK, 4. Aufl. 2010 Rn. 836; Gos­lar in: Wil­sing, DCGK, 2012, 4.3.4 Rn 20). Die oben dis­ku­tierte Frage hat dem­nach nur Bedeu­tung für Geschäfte mit Per­so­nen oder Unter­neh­men, die dem Vor­stands­mit­glied nahe ste­hen. Es steht zu hof­fen, dass der eigent­li­che Anwen­dungs­be­reich die­ser Kodex-Emp­feh­lung sich auch den­je­ni­gen erschließt, die sich auf die schlichte Lek­türe verlassen. 

Diese (und wei­tere) Kala­mi­tä­ten las­sen das Dik­tum in Hüffers Akti­en­ge­setz-Kom­men­tar, dem Zöll­ner jüngst bei­gepflich­tet hat (NZG 2012, 1222), in hel­lem Licht erschei­nen: Akti­en­recht als zen­tra­ler Bereich des Wirt­schafts­rechts gehört in den staat­lich gesetz­ten Ord­nungs­rah­men und nicht in mehr oder min­der pri­vate Auf­schrei­bun­gen, die weder for­mell noch mate­ri­ell Gesetze sind” (Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 76 Rn. 15c). 

(auch ver­öf­fent­licht im Han­dels­blatt-Rechts­board v. 26.11.2012).

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