Going Dark Under German Law” (zum Frosta-Urteil des BGH)

Das Frosta-Urteil des BGH hat die über ein Jahr­zehnt gel­tende Macro­ton-Dok­trin auf­ge­ho­ben, wonach ein regu­lä­res Delis­ting Ange­le­gen­heit der Haupt­ver­samm­lung ist und ein Spruch­ver­fah­ren mit Abfin­dungs­an­spruch aus­löst. In einem neuen Arbeits­pa­pier des Düs­sel­dor­fer Insti­tuts für Unter­neh­mens­recht mit dem Titel Going Dark Under Ger­man Law – Towards an Effi­ci­ent Regime for Regu­lar Delis­ting” unter­sucht Dirk Zetz­sche die Recht­spre­chung zum Delis­ting u.a. aus rechts­öko­no­mi­scher und rechts­ver­glei­chen­der Per­spek­tive. Die Unter­su­chung kommt zu dem Ergeb­nis, der Frosta-Ent­schei­dung sei zuzu­stim­men, soweit ein Abfin­dungs­an­ge­bot unab­hän­gig von der Betrach­tung des Ein­zel­falls für ent­behr­lich gehal­ten wird. Die Frosta-Ent­schei­dung sei jedoch abzu­leh­nen, soweit sie eine Mit­wir­kung der Aktio­näre am Rück­zug von der Börse gene­rell für ent­behr­lich erklärt. Für (ggf. fak­tisch) beherrschte Gesell­schaf­ten plä­diert der Autor für eine Beschluss­kom­pe­tenz nur der Min­der­heits­ak­tio­näre, weil dem Delis­ting in sol­chen Fäl­len ein Mehr­heits-Min­der­heits-Kon­flikt zugrunde liege. Gegen­ar­gu­mente, ins­be­son­dere der Ver­weis auf Kurs­ent­wick­lun­gen vor einem Delis­ting, ver­fin­gen nicht, da diese Kurse durch das Abfin­dungs­an­ge­bot gemäß der Macro­ton-Ent­schei­dung beein­flusst waren. Inso­weit belege der Blick ins Aus­land, dass mit dem Rück­zug von der Börse durch­aus regel­mä­ßig nega­tive Kurs­ent­wick­lun­gen einhergingen. 

Da der BGH auf gesell­schafts­recht­li­che Schutz­in­stru­mente ver­zich­tet hat, sei es nun an den Bör­sen, adäquate Schutz­in­stru­mente — ins­be­son­dere die besagte majo­rity of the mino­rity” — als Kon­di­tion für den Bör­sen­rück­zug in den Notie­rungs­be­din­gun­gen zu ver­an­kern. Ent­spre­chende Vor­bil­der seien in den Bör­sen­ord­nun­gen welt­weit zu finden.

4 Kommentare

  1. Ein schö­nes Arbeitspapier.

    Doch noch eine kleine Bemer­kung — ein kur­zer Hin­weis — am Rande: 

    Nicht nur Japa­ner und Chi­ne­sen schei­nen, wie immer behaup­tet wird, ein klei­nes Pro­blem mit dem r” zu haben. Nein. Auch die deut­schen Gesellschaftsrechtler:

    Zetz­sche, aber auch ein Teil der Lite­ra­tur, schrei­ben immer wie­der in Bezug auf BGH II ZR 133/01 von Macro­ton” (also: ohne r”) statt von Macro­tron” (also: mit r”). So lang­sam bin ich mir selbst nicht mehr sicher, wie es rich­tig hei­ßen muss.

    Tho­mas Hoff­mann, Jena

  2. Nein, das war natür­lich ein Beschluss.

    In Zusam­men­hang mit die­ser Ent­schei­dung dürfte inter­es­sant sein, wie die Gerichte lau­fende Spruch­ver­fah­ren in Zusam­men­hang mit einem Delis­ting behan­deln. Inter­es­sierte Kreise behaup­ten, ein BGH Rich­ter habe sich dahin­ge­hend geäu­ßert, alle inso­weit rechts­hän­gi­gen Spruch­ver­fah­ren seien unzu­läs­sig. Eine sol­che Äuße­rung, so sie denn der Wahr­heit ent­spricht, dürfte höchst umstrit­ten sein, weil es sich bei der Macro­tron Ent­schei­dung um Rechts­fort­bil­dung durch den BGH gehan­delt hat (und nicht um bloße Rechts­aus­le­gung) und inso­weit ein Ver­trau­ens­schutz­tat­be­stand auf­ge­baut wurde. Erst Recht dürfte die­ser Ansicht nicht zu fol­gen sein, wenn Aktio­näre ein Abfin­dungs­an­ge­bot nach Ein­rei­chung eines Antra­ges auf Ein­lei­tung eines Spruch­ver­fah­rens ange­nom­men haben.

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