Hätten Sie es gewusst? — Schwerpunktklausur 2016 Gesellschaftsrecht

Fol­gende Klau­sur­auf­gabe wurde im Schwer­punkt­be­reich 2a (Unter­neh­mens­recht) an der hie­si­gen Juris­ti­schen Fakul­tät im Herbst 2016 gestellt (Zeit: 2,5 Std.):

1. Der akti­vis­ti­sche“ Aktio­när A will auf die nicht bör­sen­no­tierte Düs­sel­dor­fer S‑Aktiengesellschaft Ein­fluss neh­men, weil das Manage­ment sei­ner Mei­nung nach nicht inves­to­ren­freund­lich“ agiere. Dazu ver­bün­det er sich mit dem Akti­en­fonds F, der mit ihm ver­ein­bart, auf der Haupt­ver­samm­lung (HV) nach sei­ner Direk­tive zu stim­men. Seit Jah­ren haben A 50 000 Stück­ak­tien und F 150 000 Stück­ak­tien. Das Grund­ka­pi­tal der S‑AG beträgt 4 Mil­lio­nen € und ist in ebenso viele Stück­ak­tien ein­ge­teilt. Kön­nen A und F — not­falls gegen den Wil­len des Vor­stands — die Ein­be­ru­fung einer Haupt­ver­samm­lung errei­chen, auf der sie einen Antrag über die Neu­aus­rich­tung der Geschäfts­po­li­tik“ abstim­men las­sen? Neh­men Sie Stel­lung zu den for­mel­len und mate­ri­el­len Aspek­ten die­ses Vorhabens.

2. Der Vor­stand der S‑AG beruft die HV auf Mon­tag, den 12.9.2016 um 10 Uhr in den ange­mie­te­ten Hör­saal 5C der Hein­rich-Heine-Uni­ver­si­tät ein. Ent­spre­chend der Sat­zung geht die Ein­be­ru­fung an alle Aktio­näre, die im Akti­en­re­gis­ter ein­ge­tra­gen sind, per elek­tro­ni­scher Post an deren dort notierte E‑Mail-Adresse. Die E‑Mails wur­den am 12.8.2016 ver­sandt. Ein Anmel­de­er­for­der­nis besteht nicht. In der Ein­la­dung wurde neben der Stadt und dem Hör­saal als rich­tige Adresse für den Cam­pus ange­ge­ben: Geb. 25, Uni­ver­si­täts­straße 1“. Aktio­när B, der die HV nicht besucht hat, will alle Beschlüsse angrei­fen, weil die Ver­samm­lung nicht ord­nungs­ge­mäß ein­be­ru­fen wor­den sei. Er habe mitt­ler­weile eine andere als die regis­trierte E‑Mail-Adresse, wes­halb ihn die Ein­la­dung nicht erreicht habe. Fer­ner wäre es unzu­läs­sig, mit so unsi­che­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men zu han­tie­ren, das Gesetz ver­lange den ein­ge­schrie­be­nen Brief. Schließ­lich sei auch die Frist nicht ein­ge­hal­ten. Und die Angabe des Ver­samm­lungs­rau­mes wäre zu unüber­sicht­lich, das Navi­ga­ti­ons­ge­rät im Auto lasse einen im Kreis fah­ren, wenn man zur Uni­ver­si­täts­straße 1 gelan­gen will. Wie sehen Sie die Rechtslage?

3. A und F (oben 1.) wol­len auf der HV, auf der die Wahl des Auf­sichts­rats (AR) ansteht, eigene Kan­di­da­ten prä­sen­tie­ren. Wie kön­nen sie die ande­ren Aktio­näre über ihre Vor­schläge infor­mie­ren und dafür wer­ben? Gerne wür­den sie dazu auch die Adres­sen im Akti­en­re­gis­ter nutzen.

4. Bei der Abstim­mung über die Wahl des AR-Kan­di­da­ten X wer­den von 3 Mio. anwe­sen­den stimm­be­rech­tig­ten Aktien 1,5 Mio. Stim­men für und 1,5 Mio. Stim­men gegen den Kan­di­da­ten abge­ge­ben. Der AR-Vor­sit­zende ver­kün­det als Beschluss­ergeb­nis, dass X gewählt ist. Die Nein-Stim­men von F zählt er nicht mit, da die­ser eine Stimm­bin­dung mit A ein­ge­gan­gen sei, was gar nicht gehe. Aktio­när C, dem eine Stück­ak­tie gehört, erklärt Wider­spruch zur Nie­der­schrift und erhebt frist­ge­recht Anfech­tungs­klage. Er trägt vor, die Stim­men von F hät­ten gezählt wer­den müs­sen. Auch sei kein Notar zuge­gen gewe­sen, ein schwe­rer Form­feh­ler. Die Gesell­schaft wen­det ein, den C gehe das Stim­men­kon­tin­gent von F nichts an. Sie bean­tragt beim OLG die Frei­gabe der Wahl. – Wie ist die Rechtslage?

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