Hätten Sie es gewusst? — Schwerpunktklausur im Aktienrecht

Diese Auf­gabe wurde im Sep­tem­ber an der Juris­ti­schen Fakul­tät in Düs­sel­dorf als Teil der Klau­sur im Schwer­punkt­be­reich Unter­neh­men und Märkte” gestellt:

I.

Der Fuß­ball­ver­ein Rhein­land e.V. ist stets nur im Mit­tel­feld der Liga ver­tre­ten. Als wesent­li­chen Grund macht der Vor­stand des Ver­eins das feh­lende Finanz­vo­lu­men aus. Um neue Inves­to­ren zu gewin­nen und in der Folge kräf­tig auf dem Spie­ler­trans­fer­markt zuzu­schla­gen, beschließt der Vor­stand die Grün­dung der Rhein­Ki­cker AG für den Profi-Spielbetrieb.

  1. Nach inten­si­ver Dis­kus­sion, in wel­che sich neben dem Inves­tor I auch die Fan­gruppe Ultras“ ein­schal­tet, die nach der Grün­dung eben­falls Aktien erwer­ben will, wird unter ande­rem fol­gende Klau­sel für die Sat­zung der AG ent­wor­fen:

    § 7 Aufsichtsrat
    (1) Der Auf­sichts­rat besteht aus sie­ben Mit­glie­dern. Inves­tor I besetzt zwei Sitze. Ein Sitz wird aus der Mitte der Ultras“ besetzt. Im Übri­gen wer­den die Mit­glie­der von der Haupt­ver­samm­lung auf Vor­schlag des Auf­sichts­ra­tes mit ein­fa­cher Mehr­heit gewählt. (…)
    (4) Der Auf­sichts­rat unter­rich­tet die Fans halb­jähr­lich über die sport­li­che Pla­nung sowie die Spie­ler­ge­häl­ter. Dabei ist der Auf­sichts­rat nicht zur Ver­schwie­gen­heit verpflichtet. (…)
    (7) Die Ein­stel­lung und Ent­las­sung eines Trai­ners der Mann­schaft bedarf der Zustim­mung des Aufsichtsrates.

Der Vor­stand des Ver­eins ist in akti­en­recht­li­chen Din­gen unkun­dig und bit­tet Sie daher um die Prü­fung der Zuläs­sig­keit der Satzungsklauseln.

  1. Wei­tere Prü­fun­gen gel­ten der Frage, ob durch die Sat­zung ver­hin­dert wer­den kann, dass die Aktien in den freien Han­del“ gelan­gen. Außer­dem macht man sich Sor­gen wegen der Frau­en­quote, denn man ist der alt­her­ge­brach­ten Ansicht, Fuß­ball sei Män­ner­sa­che. Dar­über hin­aus ist sich der Ver­eins­vor­stand unsi­cher, ob ein e.V. über­haupt eine AG grün­den und Unter­neh­mens­ge­gen­stand allein das Fuß­ball­ge­schäft sein könne. Außer­dem will er das im Eigen­tum des Ver­eins ste­hende Sta­di­ongrund­stück als Sach­ein­lage ein­brin­gen. Da erst vor fünf Mona­ten ein Sach­ver­stän­di­ger den Zeit­wert ermit­telt habe, fragt der Ver­eins­vor­stand, ob schon wie­der eine Prü­fung durch einen Exter­nen“ erfor­der­lich sei. Neh­men Sie dazu Stellung.

II.

Nach der Grün­dung nimmt die AG ihre Akti­vi­tä­ten auf dem Trans­fer­markt in der Win­ter­pause der Liga 2016/2017 auf. Nach­dem Spie­ler­be­ra­ter B dem Vor­stand der AG eine Pro­vi­sion ver­spro­chen hat, benennt die­ser den von B betreu­ten Spie­ler S, einen Tor­schüt­zen­kö­nig der Vor­sai­son, als Haupt­trans­fer. Von einer Ein­sicht in die Kran­ken­akte sieht man im Hin­blick auf die posi­ti­ven Beteue­run­gen des Spie­lers und sei­nes Bera­ters ab; auch wird keine übli­che medi­zi­ni­sche Unter­su­chung vorgenommen.

  1. Wenige Wochen spä­ter wird bei S eine (bereits zuvor erkenn­bare) schwere Erkran­kung dia­gnos­ti­ziert, die dazu führt, dass S seine Kar­riere been­den muss. Er hat kein Spiel für die AG bestrit­ten. Der Scha­den der AG besteht in der Gehalts­zah­lung und Ablö­se­summe. Der Auf­sichts­rat fragt, ob sich der Vor­stand haft­bar gemacht hat.
  2. Auf­sichts­rats­mit­glied A wen­det gegen die Gel­tend­ma­chung des (unter­stellt: bestehen­den) Anspruchs ein, dass die Unruhe eines Gerichts­ver­fah­rens sich auf das sport­li­che Gesche­hen nega­tiv aus­zu­wir­ken drohe, was plau­si­bel erscheint. Muss der Auf­sichts­rat gleich­wohl tätig werden?
  3. Wie wäre es, wenn der Auf­sichts­rat sich statt­des­sen ent­schließt, auf den (unter­stellt: bestehen­den) Anspruch zu ver­zich­ten und die Haupt­ver­samm­lung dem im Sep­tem­ber 2017 zustimmt?

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