Stellungnahmen zum Geschlechterquotengesetz-Entwurf

Neue Gut­ach­ten und Stel­lung­nah­men zum Refe­ren­ten­ent­wurf für eine Geschlech­ter­quote im Auf­sichts­rat („Chan­cen­glei­che Teil­habe an Füh­rungs­po­si­tio­nen in der Pri­vat­wirt­schaft”). S. auch hier.

Die Regie­rungs­kom­mis­sion Cor­po­rate Gover­nance tritt in ihrer Stel­lung­nahme zum Gen­der­quo­ten­ge­setz” für eine Aus­nah­me­re­ge­lung ein: Mit der Mög­lich­keit von begrenz­ten Aus­nah­men und der Anfecht­bar­keit anstelle einer rigo­ro­sen auto­ma­ti­schen Nich­tig­keit wären durch­aus nicht zu ver­nach­läs­si­gende ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken gegen die feste Quote wohl aus­zu­räu­men (Ungleich­be­hand­lung einer nur sehr klei­nen Anzahl von Unter­neh­men – ca. 110 – gegen­über Zig­tau­sen­den von Unter­neh­men für ein gesell­schafts­po­li­ti­sches Ziel; Erfül­lung des Anfor­de­rungs­pro­fils bei Frauen nicht mehr not­wen­dig; Erfor­der­lich­keit des Geset­zes jetzt noch, ver­bun­den mit mas­si­ven, unver­hält­nis­mä­ßi­gen Ein­grif­fen in die Rechte von Eigen­tü­mern und Unternehmern/​Unternehmen). Eine Alter­na­tive dazu könnte die Umwand­lung der fes­ten Frau­en­quote in eine Soll­vor­schrift sein, wie es der Refe­ren­ten­ent­wurf schon für die SE vorsieht.”

Der Deut­sche Anwalt­ver­ein hat unter Betei­li­gung etli­cher Aus­schüsse umfas­send Stel­lung genom­men. Fazit: Um … die Uni­ons- und Ver­fas­sungs­rechts­kon­for­mi­tät sicher­zu­stel­len, ist dem Gesetz­ge­ber drin­gend zu raten, den Quo­ten­vor­schrif­ten des Refe­ren­ten­ent­wurfs je eine Här­te­fall­klau­sel hin­zu­zu­fü­gen, die bei wich­ti­gen Grün­den Aus­nah­men zulässt. Die Beweis­last für das Vor­lie­gen von Aus­nah­me­tat­be­stän­den muss bei der Gesell­schaft lie­gen. Es sollte zudem ergänzt wer­den, dass die Quote eine glei­che Eig­nung der Bewer­ber vor­aus­setzt, wobei den Aus­wahl­kri­te­rien keine – weder direkt noch indi­rekt – dis­kri­mi­nie­rende Wir­kung zukom­men darf.”

Das Deut­sche Akti­en­in­sti­tut kommt zum Ergeb­nis zur fes­ten Quote: Es wird drin­gend ange­ra­ten, ent­we­der die Muss”-Vorschrift in eine Soll”-Vorschrift umzu­wan­deln, eine Aus­nahme- oder eine Här­te­fall­re­ge­lung zuguns­ten des Unter­neh­mens­in­ter­es­ses vor­zu­se­hen. Die Nich­tig­keits­folge der Wahl sollte ex nunc vor­ge­se­hen werden.”

Habersack/​Kersten neh­men in einem Auf­satz (Betriebs Bera­ter Heft 47/2014 Seite 2819) zusam­men­fas­send wie folgt Stel­lung: Die fixe Min­dest­quote für die Beset­zung von Auf­sichts­rä­ten (§ 96 Abs. 2 AktG‑E, § 7 Abs. 3 Mitbest‑E, § 5a MontanMitbestG‑E und § 5a MitbestErgG‑E) ver­stößt gegen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot (Art. 3 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 GG), die Ver­ei­ni­gungs­frei­heit (Art. 9 Abs. 1 GG), die Berufs­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Eigen­tums­ga­ran­tie (Art. 14 Abs. 1 GG) und ist des­halb ver­fas­sungs­wid­rig. Bei § 96 Abs. 2 AktG‑E han­delt es sich um eine starre”, weil leis­tungs­un­ab­hän­gige Quo­ten­re­ge­lung, die nicht auf das Staats­ziel der Gleich­be­rech­ti­gung (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG) gestützt wer­den kann. Zwar lässt sich eine fixe Min­dest­quote grund­sätz­lich ver­fas­sungs­kon­form aus­ge­stal­ten, wenn die Qua­li­fi­ka­ti­ons­vor­aus­set­zun­gen für den Auf­sichts­rat gesetz­lich kon­kre­ti­siert und eine Aus­nah­me­re­ge­lung für einen Man­gel von qua­li­fi­zier­ten Bewer­be­rin­nen oder Bewer­bern vor­ge­se­hen wird. Doch auch diese Ergän­zun­gen wür­den für sich genom­men nicht genü­gen, um die Ver­fas­sungs­kon­for­mi­tät der § 96 Abs. 2 AktG‑E, § 7 Abs. 3 Mitbest‑E, § 5a MontanMitbestG‑E und § 5a MitbestErgG‑E zu begrün­den. Die Ein­füh­rung einer sank­tio­nier­ten, fixen Min­dest­quote ist viel­mehr zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt unver­hält­nis­mä­ßig: Der Gesetz­ge­ber wählt mit der ver­bind­li­chen Fest­set­zung von Ziel­grö­ßen einen Rege­lungs­an­satz, des­sen Erfolg er im Hin­blick auf die För­de­rung des unter­re­prä­sen­tier­ten Geschlechts zunächst abwar­ten und eva­lu­ie­ren muss, bevor die nächste, strik­tere Rege­lungs­stufe einer sank­tio­nier­ten Min­dest­quo­ten erfor­der­lich und damit ver­hält­nis­mä­ßig sein kann. Nur auf die­sem Wege einer gestuf­ten Gover­nance ver­mei­det der Gesetz­ge­ber eine unver­hält­nis­mä­ßige Ein­schrän­kung der Vereinigungs‑, Berufs- und Eigen­tums­frei­heit durch die gesell­schafts­recht­li­che Kumu­la­tion von Mitbestimmungs‑, Unab­hän­gig­keits- und Quotenregelungen.”

Das Votum von BdA und BDI geht eben­falls dahin: Eine starre Ein­heits­quote ist ein Ver­stoß gegen die Eigen­tums­frei­heit nach Art. 14 GG, da die Anteils­eig­ner in Folge der Rege­lung ihre Auf­sichts­rats­mit­glie­der nicht mehr eigen­ver­ant­wort­lich und nach unter­neh­mens­be­zo­ge­nen Kri­te­rien aus­wäh­len kön­nen, son­dern den gesell­schafts­po­li­tisch moti­vier­ten gesetz­li­chen Vor­ga­ben der Geschlech­ter­quote nach­kom­men müs­sen. … Zudem ist die Rege­lung in ihrer vor­ge­schla­ge­nen Form geeig­net, das Mit­be­stim­mungs­ge­setz in sei­ner ver­fas­sungs­recht­li­chen Unbe­denk­lich­keit in Frage zu stel­len. Anlass dafür ist, dass mit dem Rege­lungs­vor­schlag die Pari­tät im Auf­sichts­rat nebst Dop­pel­stimm­recht des Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den grund­sätz­lich in Frage gestellt wird.

Grund­sätz­lich zustim­mend äußert sich die Bundes­rechts­an­walts­kam­mer, aber auch sie sagt (zu § 96 Abs. 2 und 3 AktG‑E: Allein die abso­lute For­mu­lie­rung ohne irgend­eine Öff­nungs­klau­sel sollte etwas abge­schwächt wer­den, z. B. durch eine groß­zü­gi­gere Übergangsfrist.”

Der Refe­ren­ten­ent­wurf wird begrüßt vom Deut­schen Juris­tin­nen­bund, dem die vor­ge­se­he­nen Rege­lun­gen aber nicht weit genug gehen: Der djb for­dert des­halb den Gel­tungs­be­reich der Rege­lung jeden­falls zu erwei­tern und die fixe Min­dest­quote fest­zu­schrei­ben für: alle bör­sen­no­tier­ten Gesell­schaf­ten und alle mit­be­stimm­ten Unter­neh­men und alle mit­be­stimm­ten Euro­päi­schen Gesell­schaf­ten (SE). Der djb for­dert eine Quote von min­des­tens 40 Pro­zent für Auf­sichts­rat, Vor­stand und Führungspositionen.”

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