Über Vorstandsvergütung entscheidet künftig das BAsVvV

Nach der Volks­ab­stim­mung in der Schweiz über Vor­stands­ge­häl­ter ist hier­zu­lande die Dis­kus­sion wie­der auf­ge­flammt (am Köcheln war sie immer). Rechts­po­li­ti­ker ver­schie­de­ner Cou­leur tre­ten dafür ein, die Haupt­ver­samm­lung (HV) nicht nur kon­sul­ta­tiv (§ 120 IV AktG), son­dern bin­dend über die Ver­gü­tung ent­schei­den zu las­sen. Das könne man gleich noch der Akti­en­rechts­no­velle 2011 – 2013 anflan­schen. Dass die Eigen­tü­mer” über die Bezah­lung ihrer Ver­wal­ter” ent­schei­den, erscheint als sym­pa­thi­sche Idee, ja als Selbst­ver­ständ­lich­keit. Aber das Sys­tem der Akti­en­ge­sell­schaft ist (anders in der Schweiz) auf drei Säu­len gebaut: HV, Auf­sichts­rat, Vor­stand. Diese Ent­schei­dung über die Vor­stands­ver­gü­tung an die HV zu geben bedeu­tet der Sache nach, dass die HV auch über die Bestel­lung der Vor­stände befin­det, denn kein Vor­stand wird ohne Ent­geltre­ge­lung tätig. Kein Wun­der, dass die Gewerk­schaf­ten gar nicht begeis­tert sind, dass dem (mit­be­stimm­ten!) Auf­sichts­rat diese Kern­kom­pe­tenz ent­wun­den wer­den soll: Aller­dings ist die Haupt­ver­samm­lung keine Lösung. Dort sit­zen keine Klein­an­le­ger, son­dern mäch­tige Fonds­ver­tre­ter, die selbst irre <?> ver­die­nen. In Deutsch­land muss der Auf­sichts­rat entscheiden.” 

Ob die HV-Zustän­dig­keit zu der gewünsch­ten Begren­zung der Vor­stands­ge­häl­ter führt ist frag­lich. Denn die Aktio­näre sind frei in der Ent­schei­dung, d.h. sie sind nicht wie der AR an die Ange­mes­sen­heits­grund­sätze des § 87 AktG gebun­den. Der Mehr­heits­ak­tio­när könnte ver­sucht sein, sei­nem” Vor­stand (bzw. sich selbst, wenn er die­ses Amt wahr­nimmt) einen über­aus dicken Bat­zen zu gewäh­ren. Das Kor­rek­tiv des Auf­sichts­rats, der haf­tungs­be­wehrt (§ 116 S. 3 AktG) auf Ange­mes­sen­heit zu ach­ten hat, wäre nicht mehr gegeben. 

Gut, mag man ein­wen­den, dann soll § 87 AktG auch für den HV-Beschluss gel­ten. Würde das so gere­gelt, ging der Hor­ror erst rich­tig los. Wird der Beschluss ange­foch­ten, bliebe das Vor­stands­ge­halt in der Schwebe. Wer würde als Vor­stand arbei­ten wol­len, wenn ihm nach eini­gen Jah­ren erklärt wer­den könnte, sein Ent­gelt sei hin­fäl­lig? Was gälte, wenn der Beschluss kas­siert wird? Aber auch die ande­ren Anfech­tungs­gründe (irgend­ein mög­li­cher Ver­fah­rens­feh­ler fin­det sich immer) wür­den die Ent­schei­dung über die Bezah­lung ganz unprak­ti­ka­bel aufschieben. 

Gut, dann machen wir es wie bei dem jet­zi­gen § 120 IV 3 AktG: Der Beschluss ist nicht nach § 243 anfecht­bar.” Aber wer soll dann über die Ange­mes­sen­heit befin­den, wenn dar­über Streit ent­steht? Dass Mehr­heits­ak­tio­näre in die­ser heik­len Sache ohne Kon­trolle durch­ent­schei­den ist doch nicht erwünscht. Also sehe ich es kom­men: Diese Auf­gabe über­nimmt das neu zu errich­tende Bun­des­ak­tienamt für die sozi­al­ver­träg­li­che Ver­gü­tung von Vor­stands­mit­glie­derin­nen und Vor­stands­mit­glie­dern” (BAsVvV).

4 Kommentare

  1. Eine ein­fa­che Höchst­grenze für die Gesamt­be­züge von Vor­stän­den, bsw. € 2 Mil­lio­nen wäre völ­lig aus­rei­chend. Ver­mut­lich han­delt es sich jedoch bei den jüngs­ten Äuße­run­gen von Poli­ti­kern zu die­sem Thema um Wahl­kampf­ge­töse. Ob das BMJ selb­stän­dig einen ent­spre­chen­den Gesetz­ent­wurf hin­be­kommt bleibt zudem abzu­war­ten. Herr Prof. Hoff­mann-Becking wird es ihn wohl nicht schreiben.

  2. Eine strikte Grenze wäre nicht rich­tig, auch ver­fas­sungs­wid­rig. Der Staat darf nicht das Gehalt von Pri­vat­per­so­nen in Pri­vat­ge­sell­schaf­ten fest­le­gen. Das würde er bei Profi-Fuß­ball­spie­lern, Renn­fah­rern, Show­mas­tern etc. auch nicht machen, die zuwei­len eben­falls Mil­lio­nen verdienen.

  3. Wäre dann auch ein gesetz­lich ver­ord­ne­ter Min­dest­lohn verfassungswidrig?

    Bei die­ser Dis­kus­sion han­delt sich ohne­hin um eine poli­ti­sche, dem nächs­ten Bun­des­tags­wahl­kampf geschul­dete Nebel­kerze. Das Unter­neh­men BMW hat für das Geschäfts­jahr 2012 einen Gewinn in Höhe von ca. € 5 Mrd. aus­ge­wie­sen, hier­von ste­hen der Fami­lie Quant über € 700 Mio. zu. Herr Reit­ho­fer hat für seine geschätzt € 6,2 Mio. Vor­stands­be­züge immer­hin einen nicht unbe­deu­ten­den Bei­trag zu die­sem Erfolg geleis­tet, der BMW Leih­ar­bei­ter aller­dings auch. Neh­men wir diese Dis­kus­sion daher nicht allzu ernst.

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