BGH: Drittgläubigeranspruch eines Gesellschafters unterliegt bei Liquidation keiner Durchsetzungssperre

Ein Gesell­schaf­ter geht gegen seine Mit­ge­sell­schaf­ter einer auf­ge­lös­ten Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts vor. Er ver­langt Bezah­lung von Bera­tungs­ho­no­rar, das ihm die Gesell­schaft schul­dig ist. Er macht die­sen Anspruch ent­spre­chend § 128 HGB gel­tend; die Gesell­schaf­ter wen­den ein, nach Kün­di­gung der Gesell­schaft könne der Klä­ger den Anspruch nicht mehr iso­liert gel­tend machen. Die­ser sei nun­mehr ledig­lich als Rech­nungs­pos­ten in die zu erstel­lende Aus­ein­an­der­set­zungs­rech­nung ein­zu­stel­len. Diese Durch­set­zungs­sperre bestehe auch gegen­über Drittgläubigeransprüchen 

Der BGH urteilte am 3.4.2006 (II ZR 40/05): Der Dritt­gläu­bi­ger­an­spruch des Gesell­schaf­ters (hier: Anspruch aus einem Dienst­ver­trag) unter­liegt in der Aus­ein­an­der­set­zung der Gesell­schaft kei­ner Durch­set­zungs­sperre (Auf­gabe von BGH Urt. v. 20. Okto­ber 1977 = WM 1978, 89, 90 und v. 24. Mai 1971 WM 1971, 931932).” 

Die Lehre vom Gesell­schafts­recht unter­schei­det zwi­schen Sozi­al­an­sprü­chen einer­seits und Dritt­an­sprü­chen ande­rer­seits (K.Schmidt, Gesell­schafts­recht, 4. Aufl. 2002, S. 556). Diese Dif­fe­ren­zie­rung wird für die Bezie­hun­gen des (Personen-)Gesellschafters zu sei­ner Gesell­schaft gebraucht. Sozi­al­an­sprü­che sind Ansprü­che auf Grund der Mit­glied­schaft (z.B. Gewinn‑, Schadensersatz‑, Auf­wen­dungs­an­sprü­che). Dritt­an­sprü­che wer­den gleich­sam nega­tiv dadurch bestimmt, dass sie ihre Grund­lage außer­halb der Mit­glied­schaft haben. Der Gesell­schaf­ter tritt im letz­te­ren Fall sei­ner Gesell­schaft wie ein Drit­ter“ gegen­über. Die Abgren­zung kann ins­be­son­dere dann schwie­rig sein, wenn Dienst­leis­tun­gen erbracht wer­den, die ebenso gut als För­de­rung des gemein­sa­men Zwecks (§ 705 BGB) gel­ten kön­nen. Im vor­lie­gen­den Fall war diese Frage letzt­lich nicht strei­tig, weil auch nach dem Vor­trag der beklag­ten Gesell­schaf­ter von einem Dienst­ver­trag aus­zu­ge­hen war, den der Klä­ger mit der (inzwi­schen auf­ge­lös­ten) GbR geschlos­sen hatte. 

Sozi­al­an­sprü­che kön­nen in der Liqui­da­tion nicht selbst­stän­dig gel­tend gemacht wer­den, son­dern gehen in einen Liqui­da­ti­ons­plan ein“ (K.Schmidt, aaO, S. 1521; Hil­lers, Per­so­nen­ge­sell­schaft und Liqui­da­tion, 1989, S. 119 ff; stän­dige Recht­spre­chung des BGH). Diese Durch­set­zungs­sperre dient der erleich­ter­ten, nicht auf ein Hin- und Her­zah­len hin­aus­lau­fen­den Abrechnung. 

Der 2. Zivil­se­nat des BGH ändert seine Recht­spre­chung zu dem Pro­blem, ob die Durch­set­zungs­sperre auch für einen Dritt­an­spruch in der Per­son einer Gesell­schaf­ters gilt (so BGH WM 1978, 89, 90). Das sei nicht der Fall, heißt es jetzt. Der außen­ste­hende Gläu­bi­ger muss nicht auf die Erfül­lung war­ten, bis die Schluss­ab­rech­nung fest­steht. Ist der Gesell­schaf­ter mit sei­ner For­de­rung als ein sol­cher exter­ner Drit­ter anzu­se­hen, so bleibt ihm das War­ten eben­falls erspart. Er kann direkt gegen die Gesell­schaft oder – wie hier – gegen die akzes­so­risch für Gesell­schafts­ver­bind­lich­kei­ten haf­ten­den Mit­ge­sell­schaf­ter vor­ge­hen. Der neuen Recht­spre­chung ist zuzu­stim­men. Künf­tig wird eine klare Zwei­tei­lung gel­ten: mit­glied­schaft­li­che Ansprü­che sind grund­sätz­lich gesperrt, alle ande­ren Ansprü­che kön­nen im Auf­lö­sungs­sta­dium hin­ge­gen gel­tend gemacht werden. 

?xml:namespace pre­fix = st1 ns = urn:schemas-microsoft-com:office:smarttags” /> Was zu die­sen mit­glied­schaft­li­chen Sozi­al­an­sprü­chen gehört, kann frei­lich im Ein­zel­nen immer noch pro­ble­ma­tisch sein. Die For­mel, ob die Ansprü­che auf dem gesell­schafter­li­chen Ver­hält­nis beru­hen oder nicht (so der Senat unter Bezug auf BGH WM 1986, 68 ), kann dafür nur ein ers­ter Anhalts­punkt sein. Jeden­falls sollte man nicht von Dritt­ge­schäf­ten spre­chen, die im Hin­blick auf das Gesell­schafts­ver­hält­nis abge­schlos­sen” wur­den (so Timm/​Schöne in Bamberger/​Roth, BGB, § 730 Rn. 30). Denn damit wird eine strei­tige Grau­zone eröff­net. Man denke nur an ein Dar­le­hen, das ein Gesell­schaf­ter sei­ner Gesell­schaft gewährt: zwar Dritt­ge­schäft (da nicht als Ein­lage geschul­det), aber selbst­ver­ständ­lich auch Bezug zu dem Gesell­schafts­ver­hält­nis. Die jetzt erreichte Klar­heit würde mit die­ser Kom­pro­miss­for­mel wie­der zunichte gemacht. 

Ein Kommentar

  1. Danke für diese span­nende Schil­de­rung die­ses Rechts­falls. Es ist, wie hier auch, immer kri­tisch im Gesell­schafts­recht. Gesell­schaf­ten soll­ten sich daher mit einem Fach­an­walt zusam­men­tun. Ich habe damit gute Erfah­run­gen gemacht.

Schreiben Sie einen Kommentar zu Kira N. Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .