Ein Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD sieht vor, die ursprünglich bis 31.12.2010 befristete Änderung des Überschuldungsbegriffs in der Insolvenzordnung um drei Jahre zu verlängern. Das BMJ erklärt dazu: „Damit führt auch nach dem 1.1.2011 eine bilanzielle Überschuldung nicht zur Insolvenz, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht. … Danach muss ein Unternehmen trotz rechnerischer Überschuldung keinen Insolvenzantrag stellen, wenn es mittelfristig seine laufenden Zahlungen voraussichtlich leisten kann. Es kommt also darauf an, ob die so genannte Fortführungsprognose positiv ausfällt, beispielsweise, weil ein Betrieb den Zuschlag für einen Großauftrag erhalten hat und damit seine Zahlungsfähigkeit über den gesamten Prognosezeitraum gewährleistet ist.”
K. Schmidt hat dazu treffend bemerkt (DB 2008, 2467): „Wenn die Prognose in schweren Zeiten von der Insolvenzantragspflicht befreien kann, dann muss sie dazu auch in hoffentlich besseren Zeiten in der Lage sein. … Unentwegt wird zwar auf die möglichen Folgen pflichtvergessen angestellter oder sonst unrichtiger Prognosen hingewiesen. Doch schützt uns hiergegen kein noch so objektiv daherkommender Tatbestand, sofern wir nicht ganz auf Fortführungsprognosen verzichten und die Mehrheit der Unternehmen als insolvenzreif betrachten wollen. … Der Überschuldungstatbestand ist rechtspolitisch nur „richtig”, wenn wir konstatieren dürfen: Er sortiert fortführungsunwürdige Unternehmen aus und gibt fortführungswürdigen Unternehmen die Bahn frei. Von diesem Geist sollte jede Überschuldungsdefinition beseelt sein. Unter dem Überschuldungsbegriff der InsO 1994 konnte bei positiver Fortführungsprognose die Gesamtbewertung des Unternehmens (unter Einschluss des sog. „Firmenwerts”) hierzu verhelfen, wenn man, was streitig blieb, eine solche Gesamtbewertung zuließ. Dadurch nivelliert sich — stärker als nach der Regierungsbegründung — der praktische Unterschied. Die Fachwelt sollte die Jahre 2009 und 2010 nutzen, um unaufgeregt zu bedenken, ob es bei dem neuen Tatbestand bleiben oder (was im Ergebnis nicht so viel anders wäre) ob die Gesamtaktivierung des Unternehmens bei positiver Prognose zugelassen und in diesem Bewusstsein zur bisherigen Fassung zurückgefunden werden kann.”
Für diese Diskussion hat die „Fachwelt” jetzt drei Jahre mehr Zeit. Ob die übernächste Bundesregierung auf sie hören wird?
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