Überschuldungsbegriff alt/​neu bis Silvester 2013

Ein Gesetz­ent­wurf der Frak­tio­nen von CDU/CSU und SPD sieht vor, die ursprüng­lich bis 31.12.2010 befris­tete Ände­rung des Über­schul­dungs­be­griffs in der Insol­venz­ord­nung um drei Jahre zu ver­län­gern. Das BMJ erklärt dazu: Damit führt auch nach dem 1.1.2011 eine bilan­zi­elle Über­schul­dung nicht zur Insol­venz, wenn eine posi­tive Fort­füh­rungs­pro­gnose besteht. … Danach muss ein Unter­neh­men trotz rech­ne­ri­scher Über­schul­dung kei­nen Insol­venz­an­trag stel­len, wenn es mit­tel­fris­tig seine lau­fen­den Zah­lun­gen vor­aus­sicht­lich leis­ten kann. Es kommt also dar­auf an, ob die so genannte Fort­füh­rungs­pro­gnose posi­tiv aus­fällt, bei­spiels­weise, weil ein Betrieb den Zuschlag für einen Groß­auf­trag erhal­ten hat und damit seine Zah­lungs­fä­hig­keit über den gesam­ten Pro­gno­se­zeit­raum gewähr­leis­tet ist.” 

K. Schmidt hat dazu tref­fend bemerkt (DB 2008, 2467): Wenn die Pro­gnose in schwe­ren Zei­ten von der Insol­venz­an­trags­pflicht befreien kann, dann muss sie dazu auch in hof­fent­lich bes­se­ren Zei­ten in der Lage sein. … Unent­wegt wird zwar auf die mög­li­chen Fol­gen pflicht­ver­ges­sen ange­stell­ter oder sonst unrich­ti­ger Pro­gno­sen hin­ge­wie­sen. Doch schützt uns hier­ge­gen kein noch so objek­tiv daher­kom­men­der Tat­be­stand, sofern wir nicht ganz auf Fort­füh­rungs­pro­gno­sen ver­zich­ten und die Mehr­heit der Unter­neh­men als insol­venz­reif betrach­ten wol­len. … Der Über­schul­dungs­tat­be­stand ist rechts­po­li­tisch nur rich­tig”, wenn wir kon­sta­tie­ren dür­fen: Er sor­tiert fort­füh­rungs­un­wür­dige Unter­neh­men aus und gibt fort­füh­rungs­wür­di­gen Unter­neh­men die Bahn frei. Von die­sem Geist sollte jede Über­schul­dungs­de­fi­ni­tion beseelt sein. Unter dem Über­schul­dungs­be­griff der InsO 1994 konnte bei posi­ti­ver Fort­füh­rungs­pro­gnose die Gesamt­be­wer­tung des Unter­neh­mens (unter Ein­schluss des sog. Fir­men­werts”) hierzu ver­hel­fen, wenn man, was strei­tig blieb, eine sol­che Gesamt­be­wer­tung zuließ. Dadurch nivel­liert sich — stär­ker als nach der Regie­rungs­be­grün­dung — der prak­ti­sche Unter­schied. Die Fach­welt sollte die Jahre 2009 und 2010 nut­zen, um unauf­ge­regt zu beden­ken, ob es bei dem neuen Tat­be­stand blei­ben oder (was im Ergeb­nis nicht so viel anders wäre) ob die Gesamt­ak­ti­vie­rung des Unter­neh­mens bei posi­ti­ver Pro­gnose zuge­las­sen und in die­sem Bewusst­sein zur bis­he­ri­gen Fas­sung zurück­ge­fun­den wer­den kann.” 

Für diese Dis­kus­sion hat die Fach­welt” jetzt drei Jahre mehr Zeit. Ob die über­nächste Bun­des­re­gie­rung auf sie hören wird?

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