In einem Beitrag für die FAZ v. 10.2.2004 (S. 12) legen Marcus Lutter (Bonn) und Wolfgang Zöllner (Tübingen) dar, dass die Prämienzahlungen aus dem Vermögen der Mannesmann AG an den Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser und an den Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Funk nicht mit dem Aktienrecht vereinbar waren.
Joachim Jahn (FAZ) bemerkt, etliche Wissenschaftler wagten es derzeit nicht, zu Lasten des im Düsseldorfer Mannesmann-Prozeß mitangeklagten Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann Stellung zu nehmen. In einem Fall habe die Bank bereits Fördermittel gestrichen. — Darüber hätte man gern Näheres erfahren!
Auszug aus der Stellungnahme Lutter/Zöllner:
„1. Vorstände sollen die Stellung ihrer Gesellschaft am Markt sichern und den Gewinn mehren. Dafür werden sie bezahlt, und dafür kann ihnen eine Prämie aus dem Gewinn zugesichert werden. Im Fall Mannesmann sind solche Erfolge gerade nicht erreicht worden. Die von Vorstand und Aufsichtsrat getragene Verteidigung gegen Vodafone hat die Kasse der Gesellschaft viele hundert Millionen D‑Mark gekostet und ihr nicht für einen Pfennig Nutzen gebracht. Weder der Umsatz ist gestiegen noch der Ertrag — im Gegenteil.
Gewiß, der Börsenwert der Aktien ist in dieser Zeit stark gestiegen. Aber davon hat Mannesmann nichts gehabt; es betraf das Vermögen der Aktionäre. Dann aber kann auch nicht aus der Kasse ihres Unternehmens eine Prämie gezahlt werden. Das hätten schon die Aktionäre selbst tun müssen. Insofern hatte Canning Fok als Vertreter des Großaktionärs Hutchison Whampoa durchaus das richtige Gefühl, als er Klaus Esser eine Prämie im Hinblick auf die Kurssteigerung anbot.
2. Der Vertrag zwischen Esser und der Mannesmann AG — obwohl erst kurz vor seinem Ausscheiden erneut abgeschlossen — sah zwar neben dem Gehalt viele andere schöne Dinge (von der Pension bis zum Wagen mit Fahrer) vor, aber keine Prämie für den Fall der Übernahme und der Kurssteigerung. Es bestand also kein Anspruch Essers auf irgendeine Prämie von Mannesmann. Der Aufsichtsrat ist aber nicht befugt, Geschenke aus der Kasse der Gesellschaft zu zahlen — und ganz gewiß nicht an sich selbst (wie bei dessen Vorsitzendem Joachim Funk), mag es wie auch immer später deklariert worden sein.
Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ist in der Gewährung von Vergütungen an derzeitige und frühere Vorstandsmitglieder keineswegs frei. Insbesondere sind Grenzen einzuhalten, wenn es um nachträgliche (das heißt nach oder im Zuge des Ausscheidens freiwillig gewährte zusätzliche) Vergütungen geht. Zwar werden solche Vergütungen im Hinblick auf das ablaufende oder bereits abgelaufene Dienstverhältnis gewährt. Der Sache nach handelt es sich jedoch um Zahlungen, die (anders als für künftige Dienste zu zahlendes Entgelt) im Interesse der Aktiengesellschaft nicht erforderlich sind.
3. Aber selbst wenn man von diesen Aspekten — zu Unrecht! — absieht, ist die damalige Zahlung unter keinem Gesichtspunkt „angemessen” im Sinne von Paragraph 87 des Aktiengesetzes. Diese allgemein gehaltene Vorschrift ist 1937 erstmals ins Gesetz gekommen mit dem klaren Ziel, die Vergütung der Vorstände zu begrenzen.
Ein solches angemessenes Verhältnis der Bezüge muß nicht nur zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft bestehen, sondern auch zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds. Da ausgeschiedene Mitglieder keine Aufgaben mehr zu erfüllen haben, kommt insoweit nur der Bezug zu vorher bereits geleisteten Diensten in Betracht, die im Grundsatz durch die bislang schon bewilligte Vergütung entlohnt sind. Im Fall von Esser geht es um Dienste als Vorstandsvorsitzender von weniger als einem Jahr. Daraus erhellt unmittelbar: Eine Prämie aus der Kasse der Gesellschaft in Höhe des „Lebenseinkommens” eines Spitzenmanagers kann nicht angemessen sein.”
Siehe auch Spiegel online
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