Das Bundesfinanzministerium hat in der vorigen Woche den Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes vorlegt. Vorgeschlagen wird lt. Begründung (II 1). u.a. die „Überarbeitung der Organstruktur der Investmentaktiengesellschaft und eine Klarstellung von Abgrenzungsfragen zum Aktienrecht, die eine flexible Nutzung dieses Anlagevehikels in der Vergangenheit erschwert hatten”. Das trifft den Inhalt der Regelungen des Entwurfs nicht ganz, die Vorschläge gehen wesentlich weiter:
Aktienrechtliche Satzungsfreiheit
„Für die Investmentaktiengesellschaft bedeutet die aktienrechtliche formale Satzungsstrenge eine starke Einschränkung ihrer investmentspezifischen Aktivitäten und ihrer Organisation. Um eine Loslösung von der aktienrechtlichen Satzungsstrenge zu erreichen, wird § 23 Abs. 5 des Aktiengesetzes für die Investmentaktiengesellschaft ausgeschlossen. Die Satzung der Investmentaktiengesellschaft kann somit von den zwingenden Vorschriften des Aktiengesetzes abweichen.” (Begründung zu § 99).
Flexible Ausgabe und Rücknahme der Aktien – keine Vorschriften für Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung
„Die §§ 182 – 240 des Aktiengesetzes finden auf die Investmentaktiengesellschaft keine Anwendung. Mit der Ausgabe der Aktien ist das Gesellschaftskapital automatisch erhöht, mit der Rücknahme der Aktien ist das Gesellschaftskapital automatisch herabgesetzt.” (Begründung § 104)
„… dass auf die Rücknahme von Aktien die aktienrechtlichen Vorschriften zur Kapitalherabsetzung (§§ 222 – 240 AktG) nicht anwendbar sind und die Rücknahme der Aktien bereits zur Herabsetzung des Gesellschaftskapitals führt und somit auch keine gesonderte Einziehung von Aktien erforderlich ist.” (Begründung § 105)
Unternehmensaktionäre und Anlageaktionäre
Der Entwurf schlägt vor, kategorial zwischen Unternehmens- und Anlageaktionären zu unterscheiden:
„Die Unternehmensaktionäre haben ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der von ihnen initiierten Unternehmung, das über das rein vermögensrechtliche Interesse der Anlageaktionäre hinausgeht.” (Nur) „Sie haben ein Teilnahme- und Stimmrecht in der Hauptversammlung und können somit auf die Geschäftstätigkeit der Investmentaktiengesellschaft Einfluss nehmen.”
„Bei dem Anlageaktionär steht regelmäßig allein die vermögensmäßige Beteiligung im Vordergrund, während für den Unternehmensaktionär daneben auch die unternehmerische und organisatorische Beteiligung maßgeblich ist.” „Die Beteiligung der Anlageaktionäre an einer Investmentaktiengesellschaft ist mit der Beteiligung eines Anlegers an einem Sondervermögen zu vergleichen. Bei beiden steht ausschließlich die Vermögensanlage im Vordergrund.” (Begründung zu § 96).
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Wenn man das so liest, könnte man auf den Geschmack kommen. Warum nicht das eine oder andere auch bei der Normal-Aktiengesellschaft? Eine börsennotierte Publikumsgesellschaft unterscheidet sich nicht so sehr von der Investmentaktiengesellschaft: auch dort gibt es unternehmerisch interessierte Aktionäre und lediglich an guter Geldanlage interessierte Aktionäre (= Anleger). Und die kapitalmarktrechtliche Aufsicht wird immer dichter – was bedeutet das für die traditionellen gesellschaftsrechtlichen Instrumente, die von einer im Grunde gleichsinnigen Mitgliedschaft in einem Kapitalverein ausgehen?
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