Seit Inkrafttreten des MoMiG am 1.11.2008 gibt es eine neu konzipierte „Liste der Gesellschafter” (§ 40 GmbHG). Diese im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste legitimiert die dort notierten Personen gegenüber der GmbH (§ 16 I GmbHG). Sie bildet zudem die Grundlage für den gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils (§ 16 III GmbHG). Daher ist es sehr wichtig, wie jemand auf die Liste kommt oder von ihr gestrichen wird. Das Gesetz spricht lapidar von „Mitteilung und Nachweis”. Auf wessen Mitteilung hin die Änderung der Liste erfolgt, ist unbestimmt.
Bei der Auslandsbeurkundung einer Anteilsübertragung ist der deutsche Notar nicht beteiligt (und der ausländische Notar jedenfalls nicht einreichungspflicht nach § 40 II GmbHG), so dass die Führung der Liste den Geschäftsführern obliegt (§ 40 I GmbHG). Wenn nun der Erwerber bei der Geschäftsleitung vorstellig wird (= Mitteilung) und das Dokument des Baseler Notars präsentierend (= Nachweis) seine Aufnahme in die Liste (und Streichung des Veräußerers) begehrt – was tun? Ich meine, es geht nicht an, dass jemand als Gesellschafter gestrichen wird, ohne dass er dazu wenigstens gehört wurde. Die Mitteilung allein durch den präsumtiven Neugesellschafter reicht nicht, der eingetragene Altgesellschafter muss wenigstens soweit beteiligt werden, dass er Gegenvorstellung erheben kann (etwa: die aufschiebende Bedingung der Kaufpreiszahlung ist nicht eingetreten). Letztlich läuft es auf ein formelles Konsensprinzip hinaus, wie aus der Grundbucheintragung bekannt: Eine Veränderung der Liste auf Mitteilung erfolgt nur, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht davon betroffen ist.
Wollte man eine einseitige Mitteilung genügen lassen und nur auf den „Nachweis” setzen, so wäre der Geschäftsführer die ärmste Person in diesem Spiel. Er müsste Expertisen über ihm vorgelegte Schriftstücke einholen und wüsste am Ende doch nicht, was er tun soll. Die Aufgabe des Geschäftsführers ist freilich die Leitung der Gesellschaft und nicht die Beteiligungsverwaltung der Gesellschafter. Daher wird er bei widersprüchlichen Mitteilungen bzw. unklaren Sachverhalten das Verfahren der Listenrevision aussetzen und den Ausgang des Prätendentenstreits abwarten dürfen.
Für die M&A‑Praxis bedeutet das: Nicht nur die Zeitlücke zwischen Transaktion und Aufnahme in die Liste (abgemildert durch § 16 I 2 GmbHG) ist im Hinblick auf Beschlüsse nach der Veräußerung zu beachten, sondern vorher noch das kaum hinreichend ausgearbeitete System von „Mitteilung und Nachweis”. Es empfiehlt sich, eine gemeinsame Mitteilung durch Erwerber und Veräußerer unterzeichnen zu lassen, um dem formellen Konsensprinzip zu genügen.
Der im Beitrag geschilderte Fall liegt in einem von mir auf Verkäuferseite betreuten Unternehmensverkauf vor.
Das zuständige Registergericht Berlin-Charlottenburg teilte mir mündlich mit, dass es die Mitteilung durch den Geschäftsführer unter Beifügung des beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrages als ausreichend ansieht.
Dass das Registergericht die Einreichung durch den GFührer akzeptiert ist nicht die Frage — sondern wer dem GFührer iSv § 40 I GmbHG die Mitteilung macht. Im Normalfall wird das einverständlich von Erwerber und Veräußerer gehandhabt, doch was ist, wenn sich diese Parteien nicht mehr grün sind?
Dann stimmen wir insoweit überein.
Ihre Problemstellung lautet also: Welche Handlungspflichten treffen einen Geschäftsführer einer Gesellschaft, bei der sich die Parteien eines im Ausland beurkundeten Unternehmenskauf-und abtretungsvertrag über die Wirksamkeit der Übertragung der Anteile streiten?
Ich denke, Sie stimmen mit mir überein, dass ein bloßes unsubstantiiertes Bestreiten der Wirksamkeit der Anteilsübertragung den Geschäftsführer nicht von seinen Handlungspflichten befreit. Auf der anderen Seite wird man bei ernsthaften Zweifeln an der Wirksamkeit von dem Geschäftsführer verlangen können, dass er die Mitteilung unterläßt.
Der Geschäftsführer wird mithin nicht umhin kommen, sich hier eine Meinung zu bilden. Hat er hierzu nicht den juristischen Sachverstand wird er Rechtsrat einholen müssen.
Was passiert übrigens, wenn der Geschäftsführer die Mitteilung bei unsubstantiierten Bestreiten unerläßt. In diesem Fall zeigt die betroffene Partei die Änderung der Gesellschafterliste dem Handelsregister unter Beifügung des Nachweises an. Das Handelsregister fordert dann den Geschäftsführer unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, die Mitteilung vorzunehmen.