Der II. Zivilsenat der BGH vor vorgestern entschieden:
Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind grundsätzlich kraft privatautonomer Gestaltung der Gesellschafter schiedsfähig, sofern und soweit das vereinbarte schiedsrichterliche Verfahren aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Mindeststandards einhält.
Vor 13 Jahren hatte der II. Zivilsenat die Schiedsfähigkeit von Beschlussstreitigkeiten zwar noch abgelehnt (BGHZ 132, 278 = NJW 1996, 1753), aber nicht etwa kategorisch, sondern mit Hinweisen auf die Prärogative des Gesetzgebers:
„Angesichts der … grundlegend verschiedenen Gegebenheiten bei Austragung von Beschlussmängelstreitigkeiten im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und vor privaten Schiedsgerichten und des Fehlens gesetzlicher Regelungen, die diese Unterschiede überbrücken könnten, ist jedenfalls nach dem gegenwärtig erreichten Rechtsstand kein Raum für eine analoge Anwendung der §§ 246, 248, 249 AktG auf schiedsgerichtliche Verfahren der im vorliegenden Fall zur Entscheidung stehenden Art. In Ermangelung ausreichender Vorgaben des Gesetzgebers zu den vorstehend angesprochenen, in hohem Maße wertungsabhängigen und teilweise innerlich miteinander verzahnten Fragen kann es nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, darüber zu befinden, wie das schiedsgerichtliche Verfahren und die Beteiligungsmöglichkeiten der von ihm subjektiv Betroffenen im einzelnen ausgestaltet sein müssten, um eine tragfähige Grundlage für die analoge Anwendung der bisher einseitig auf die Entscheidungszuständigkeit eines staatlichen Gerichts ausgerichteten Normen der §§ 246ff. AktG auf die Tätigkeit privater Schiedsgerichte zu bieten. Die Schaffung eines solchen Regelgefüges würde den Rahmen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sprengen.”
Die Pressestelle des BGH teilt am 6.4.2009 mit: Da der Gesetzgeber im Rahmen des zwischenzeitlich verabschiedeten und in Kraft getretenen Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes von einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung bewusst Abstand genommen und die Problematik „angesichts ihrer Vielschichtigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weiterhin der Lösung durch die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls überlassen” hat, hat der II. Zivilsenat die ihm solchermaßen überantwortete Aufgabe aus Anlass des vorliegenden Revisionsfalls aufgegriffen. Der Senat hält nunmehr seine früheren Bedenken gegen die grundsätzliche Möglichkeit einer analogen Herbeiführung der Wirkungen aus §§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG durch Schiedssprüche auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher Schiedsklauseln nicht mehr aufrecht, macht aber die Zulässigkeit solcher Schiedsvereinbarungen im GmbH-Recht von der Sicherstellung eines effektiven, der Rechtsschutzgewährung durch staatliche Gerichte gleichwertigen Rechtsschutzes für alle dem Schiedsspruch unterworfenen Gesellschafter abhängig.
Danach setzt die Wirksamkeit einer privatautonom gestalteten Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten bei der GmbH die Erfüllung folgender Mindestanforderungen voraus:
- Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus.
- Jeder Gesellschafter muss — neben den Gesellschaftsorganen — über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten.
- Alle Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt.
- Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.
Schreiben Sie einen Kommentar