Nicht selten ist ein die Gesellschaft betreuender Rechtsanwalt auch Mitglied im Aufsichtsrat. Der mit dem Vorstand geschlossene Mandatsvertrag bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 114 Abs. 1 AktG); eine ohne Zustimmung gewährte Vergütung ist zurückzugewähren, „es sei denn, dass der Aufsichtsrat den Vertrag genehmigt” (§ 114 Abs. 2 S. 1 AktG). Eine solche Genehmigung hat der Aufsichtsrat der Fresenius SE am Jahresende 2008 für die Zahlung von ca. 1 Mio. € Honorar an die Kanzlei Noerr erteilt, deren Partner Dr. Schenk im Aufsichtsrat der SE sitzt. Das OLG Frankfurt (5 U 30/10 v. 15.2.2011) sieht darin „schwere und eindeutige Gesetzesverstöße, die zur Versagung der (Gesamt-) Entlastung nach § 120 Abs.1 AktG führen mussten, denn einen Anspruch auf diese Zahlungen hatte die Anwaltspartnerschaft nicht, wie aus § 114 Abs.1 AktG folgt”. § 114 Abs.1 AktG sei nicht nur eine als „verfügungswirksame Bestimmung zu verstehen, sondern als Verhaltensnorm auszulegen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich ein Verbot, ohne wirksamen (Dritt-) Vertrag Zahlungen an ein Aufsichtsratsmitglied zu leisten.” Der OLG-Senat setzt sich mit dem zweiten Absatz des § 114 AktG (Genehmigung!) nicht weiter auseinander, was durchaus erstaunlich ist.
Bislang ist es üblich, ein Jahresbudget bereitzustellen und die in diesem Rahmen geleisteten Zahlungen am Jahresende zu genehmigen. Dies ist sinnvoll, weil oft erst hinterher feststeht, ob die Beratungsleistung als organschaftliche Pflicht geschuldet war (dann keine gesonderte Vergütung, § 113 AktG) oder eben außerhalb des Aufsichtsratsamtes erfolgte. Der OLG-Senat verlangt indessen eine vorherige „Zustimmung im Einzelfall”. Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, sind Beratungsmandate so zu gestalten, dass Vergütungen nicht unterjährig gezahlt werden. Es lauert freilich eine weitere Tücke. Ein anderer Senat des OLG Frankfurt hat in einer früheren Entscheidung die nachträgliche Konkretisierung eines Beratungsvertrags nicht gelten lassen wollen (21. 9. 2005 — 1 U 14/05). Die Folge der beiden Urteile des OLG Frankfurt wäre eine Befassung des Aufsichtsrats vorab je mit der konkreten Beratung und deren Vergütung – ist das praktikabel? Und vom Gesetz gewollt? Da Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wurde, ist zu hoffen, dass der BGH klärende Worte zu dieser praxiswichtigen Angelegenheit findet.
Bemerkenswert ist, dass sich das OLG Frankfurt mit dieser seiner ausgesprochenen Minderheitenmeinung nur auf sich selbst stützen kann — in seiner Presseerklärung aber nicht einmal ansatzweise die entgegenstehende hM erwähnte. Umso rätselhafter, dass sowohl Fresenius wie Noerr wochenlang auf diesen Umstand nicht hinwiesen und somit im Licht der Öffentlichkeit ungünstiger dastanden, als es nötig gewesen wäre.