Die Bundesregierung hat veranlasst, dass die Aufsichtsbehörden anordnen, den Betrieb einiger Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen (§ 7 I AtomG) einstweilen einzustellen (wohl gestützt auf § 19 III Nr. 3 AtomG). Angenommen: dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig (s. auch zum „Moratorium”) – wie soll bzw. muss der Vorstand einer Aktiengesellschaft, die diese Anlage betreibt, reagieren? Er hat „unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten” (§ 76 I AktG). Und: „Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.” (§ 93 I AktG). Gewiss ist es eine unternehmerische Entscheidung, in welcher Weise der in der Satzung bestimmte Gegenstand (Energieerzeugung) verfolgt wird. Rechtswidrige Eingriffe in das Unternehmensvermögen hat der Vorstand abzuwehren, aber wie er das anstellt, unterliegt seinem breiten Ermessen. Es muss also nicht immer eine Klage sein, sondern im Geschäftsleben kann man sich auch anders helfen. Wenn freilich eine Kern(!)tätigkeit betroffen ist und ein sehr großer Ausfallschaden droht, kann sich das Ermessen darauf reduzieren, den naheliegenden Rechtsbehelf zu ergreifen (hier: Widerspruch, Antrag gem. § 80 V VwGO, Anfechtungsklage); die Option, abzuwarten und später Schadensersatz zu verlangen, könnte wegen des Vorrang des Primärrechtsschutzes keine sein. Es gibt aber auch Gründe, die gegen das sofortige Beschreiten des Rechtswegs sprechen: Die während der Stilllegung nicht erzeugte Strommenge kann (wenn ich recht sehe) auf die Laufzeit der übrigen Kernkraftwerke angerechnet werden. Ein schwer zu fassender Aspekt ist das Image des Unternehmens, das durch eine juristische Auseinandersetzung in dieser die Öffentlichkeit elektrisierenden Angelegenheiten leiden könnte. Die Nachteile durch das Moratorium sind als Verhandlungsmasse bei einer politischen Lösung anzusetzen. Angesichts dessen dürfte eine „Ermessensreduzierung auf Null”, die aus aktienrechtlicher Sicht eine sofortige Klage erzwingt, derzeit noch nicht gegeben sein.
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