Schlussantrag des Generalanwalts: VW-Gesetz europarechtswidrig

Nach allem schlage ich dem Gerichts­hof vor, (1) fest­zu­stel­len, dass die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land dadurch gegen ihre Ver­pflich­tun­gen aus Art. 56 EG Abs. 1 ver­sto­ßen hat, dass sie § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 und 3 des Geset­zes über die Über­füh­rung der Anteils­rechte an der Volks­wa­gen­werk GmbH in pri­vate Hand vom 21. Juli 1960 bei­be­hal­ten hat; (2) der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land die Kos­ten des Ver­fah­rens aufzuerlegen.” 

So Nr. 107 des Schluss­an­trags des Gene­ral­an­walts Ruiz-Jar­abo Colo­mer in der heu­ti­gen Ver­hand­lung vor der Gro­ßen Kam­mer des Euro­päi­schen Gerichtshofs. 

Zur Ent­sen­dung von je zwei Auf­sichts­rats­mit­glie­dern durch den Bund und durch Nie­der­sach­sen (Nr. 7273): 

Die­ses aus­schließ­li­che Vor­recht des Bun­des und des Lan­des ist nicht nur voll­stän­dig vom Umfang ihrer jewei­li­gen Akti­en­pa­kete los­ge­löst, son­dern beschränkt ent­ge­gen dem Sinn und Zweck der Bestim­mung des Gemein­schafts­rechts auch die Mög­lich­kei­ten der ande­ren Inves­to­ren, ähn­li­che Vor­teile zu erlan­gen, indem es die Sym­me­trie zwi­schen der Kapi­tal­stärke und den Alter­na­ti­ven der Auf­sicht in einer Gesell­schaft bricht. Selbst ein Unter­neh­mer, der hin­rei­chend Macht erlan­gen könnte, um die Sat­zung zu ändern und diese Klau­seln außer Kraft zu set­zen, sähe sich der Schwie­rig­keit gegen­über, die­ses Gesetz zu ändern, wofür die Mit­wir­kung des natio­na­len Par­la­ments not­wen­dig wäre. Obwohl § 4 Abs. 1 des VWGe­set­zes als lex spe­cia­lis zu betrach­ten ist, besteht daher kein Zwei­fel daran, dass er Per­so­nen abschreckt, die ein bedeu­ten­des Akti­en­pa­ket der Gesell­schaft erwer­ben möch­ten, da sie im Auf­sichts­rat auf vier Ver­tre­ter der öffent­li­chen Hand tref­fen wür­den, die eine zu ver­nach­läs­si­gende Zahl von Aktien besitzt.” 

Zur Sperr­mi­no­ri­tät und zum Höchst­stimm­recht (Nr. 8789): 

Alles in allem wird der Zweck ver­folgt, den anfäng­li­chen Sta­tus quo der Groß­ak­tio­näre, d. h. des Bun­des und des Lan­des Nie­der­sach­sen, auf­recht­zu­er­hal­ten, was dem ers­ten Ver­trags­ver­let­zungs­grund, der die Auf­sichts­rats­man­date die­ser Kör­per­schaf­ten betrifft, noch mehr Gewicht ver­leiht. … Die natio­nale Rege­lung ist nicht dis­kri­mi­nie­rend, zemen­tiert jedoch eine Lage, die die öffent­li­che Hand objek­tiv begüns­tigt, weil sie die Stel­lung von Bund und Land ver­stärkt und jede Betei­li­gung an der Ver­wal­tung ver­hin­dert. Auf die­sen pro­tek­tio­nis­ti­schen Fol­gen beruht die abschre­ckende Wir­kung des VWGe­set­zes, die nach der Recht­spre­chung des Gerichts­hofs gegen den freien Kapi­tal­ver­kehr ver­stößt. Daher läuft das Vor­brin­gen der deut­schen Regie­rung über den regen Han­del mit Volks­wa­gen-Aktien ins Leere, da es sich auf Port­fo­li­o­in­ves­ti­tio­nen bezieht und nicht auf die Inves­ti­tio­nen, die auf eine Betei­li­gung an der Ver­wal­tung des Unter­neh­mens abzielen. 

Zur mög­li­chen Recht­fer­ti­gung der Beschrän­kun­gen (Nr. 103): 

Die deut­sche Regie­rung ver­sucht, die Beschrän­kun­gen des freien Kapi­tal­ver­kehrs, die aus den §§ 2 Abs. 1 sowie 4 Abs. 1 und 3 des VW-Geset­zes fol­gen, mit einer zu wei­ten und wirk­lich­keits­fer­nen Argu­men­ta­tion zu recht­fer­ti­gen, die keine zwin­gen­den Gründe des öffent­li­chen Inter­es­ses für sich in Anspruch neh­men kann, so dass sie zurück­zu­wei­sen ist.” 

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