Vor knapp 8 Jahren wurde das offizielle Aktionärsforum im Bundesanzeiger eingerichtet. Es hat sich als Friedhof herausgestellt. So gut wie keine Beiträge sind dort zu verzeichnen (nur drei in den letzten beiden Jahren). „Das Aktionärsforum im Dornröschenschlaf” haben Prof. Dr. Walter Bayer/Dipl.-Kfm. Thomas Hoffmann vom Jenaer Institut für Rechtstatsachenforschung jüngst ihre Erhebung genannt (AG 2013, R61). Ein Prinz, der es wachküsst, ist freilich weit und breit nicht zu sehen.
Was war die Intention für das Forum und warum funktioniert es nicht? Das Gesetz (§ 127a AktG) bestimmt: Aktionäre oder Aktionärsvereinigungen können dort andere Aktionäre auffordern, einen Antrag oder ein Verlangen zu stellen oder in einer Hauptversammlung das Stimmrecht auszuüben. Der Gesetzgeber wollte ausweislich der amtlichen Begründung ein sinnvolles Korrelat zum zunehmend breiten Streubesitz und einer fortschreitenden Internationalisierung der Aktionärsstruktur bieten. Ziel der Vorschrift sei es, die Kommunikation unter den Aktionären zu erleichtern und ihnen die Stimmrechtsausübung zu erleichtern. Das Forum könne zudem zur Behebung eines grundlegenden Corporate Governance-Defizits beitragen: der mangelnden Eigentümerkontrolle. Dies gelte insbesondere da, wo das Gesetz Schwellenwerte für die Ausübung von Aktionärsrechten vorsieht.
Die Möglichkeit, eine Aufforderung auf einer Bundesanzeigerseite im Internet zu platzieren, wird aber so gut wie nicht genutzt. Sie ist für den Kleinstaktionär („breiter Streubesitz”) nutzlos, denn ein Engagement als aktiver Investor ist ökonomisch nicht sinnvoll und rechtlich unerreichbar. Für die „Internationalisierung der Aktionärsstruktur” hat das Aktionärsforum ersichtlich keine Bedeutung. Die weitere Begründung, dass die „Kommunikation erleichtert” würde, ist angesichts der Konstruktion des Forums geradezu ausgeschlossen. Denn es handelt sich um kein Forum im üblichen Sinne, das dem Meinungsaustausch in Rede und Gegenrede diente. Vielmehr ist das Aktionärsforum nichts weiter als eine Litfasssäule, auf der kleine Zettel angeklebt werden können. Eine Aktionärsdiskussion findet gerade nicht statt. 500 Zeichen sind dort nur erlaubt (§ 3 III 3 AktFoV). Die von der Begründung vorgetragene „Erleichterung der Stimmrechtsausübung” geht ins Leere; die im Jahr 2009 eingeführte elektronische Abstimmungsoption (§ 118 II AktG) hat mit dem Forum nichts zu tun.
Die großen Aktionärsvereinigungen haben in den Anfangsjahren des Forums (2005−2007) noch flächendeckend für sich geworben, in dem sie Aufforderungen zur Stimmrechtsübertragung eingestellt haben. Davon sind sie inzwischen wieder abgerückt, offenbar sind 25 € pro Eintrag angesichts der Resonanz doch zu viel. Selbst bei Gesellschaften, die als streitanfällig aufgefallen sind, findet sich kein aktueller Eintrag der möglichen Kombattanten.
Die Abschaffung des sog. Aktionärsforums (Streichung des § 127a AktG) liegt nach den bisherigen Erfahrungen nahe, denn so wird nichts mehr daraus. Oder man macht Ernst und entwickelt ein richtiges Forum. Dann müsste eine Begründung für die Einträge im Forum erlaubt werden, damit Substanz in die Sache kommt. Das Problem ist in diesem Fall, dass der Betreiber (Bundesanzeiger) keine inhaltliche Kontrolle („Schmähkritik”) ausüben will und kann. Ein Hinweis/Link auf das Forum bei börsennotierten Gesellschaften (Ergänzung § 124a AktG) dürfte hilfreich sein, aber kaum die Konstruktionsmängel überwinden.
Aus der o.g. Erhebung von Bayer/Hoffmann: Zahl der Aufforderungen im Aktionärsforum nach dem Jahr der Einstellung (Stand: Januar 2013):
(Der Beitrag wurde gekürzt und leicht geändert am 18.3.2013 im Handelsblatt-Rechtsboard veröffentlicht)
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