Wer eine Kapitalgesellschaft durch Bargründung errichtet, für den sind Geschäfte mit der neuen Gesellschaft brandgefährlich. Ein Beispiel: Die Landfrauen Silena, Linda und Selma gründen bar eine AG für den Kartoffelvertrieb. Diese AG bezieht — so das Geschäftsmodell — das Gemüse zu Marktpreisen von den Gründerinnen. Leider wird die AG nach einem Jahr insolvent, da eine Kartoffelpest den Markt zum Erliegen brachte. Der Insolvenzverwalter verlangt, dass die drei Gesellschafterinnen ihre Bareinlage noch einmal leisten. Zu Recht?
Das Rechtsgefühl sagt eindeutig: nein. Denn die Landfrauen haben schließlich die Einlage erbracht, es wurde ihnen auch nichts zurückgezahlt, die Kartoffelgeschäfte mit der Gesellschaft waren marktgerecht, für die Katastrophe können sie nichts.
Bei der Rechtsprechung besteht allerdings die hohe Wahrscheinlichkeit, dass unsere Landfrauen zur Noch-Einmal-Zahlung verurteilt werden. Denn der Kartoffelhandel zwischen ihnen und ihrer AG würde als verdeckte Sacheinlage angesehen. Der BGH hat in einem neueren Urteil (v. 20.11.2006, II ZR 176/05) sich ausdrücklich gegen die Ausklammerung sog. „gewöhnlicher Umsatzgeschäfte im Rahmen des laufenden Geschäftsverkehrs” aus dem Anwendungsbereich der verdeckten Sacheinlage ausgesprochen. Der Zulassung einer generellen Bereichsausnahme stünden die §§ 27 Abs. 1, 34, 38 AktG entgegen, die unabhängig von der Bestimmbarkeit des Wertes des jeweiligen Gegenstandes die Gründer ausnahmslos dazu verpflichten, ihre vorabgesprochenen Geschäfte in der Satzung offenzulegen und einer präventiven Werthaltigkeitskontrolle unterziehen zu lassen; zudem sei für das Eingreifen der Regeln über die verdeckte Sacheinlage nicht die Werthaltigkeit des Gegenstandes, sondern allein die Umgehung der Sacheinlagevorschriften entscheidend.
Der BGH will also mit klirrend scharfem Schwert die Regeln über die Kapitalaufbringung gegen (unterstellte) Umgehungen verteidigen. Doch allzu scharf macht schartig – das wussten die Schmiede vergangener Zeiten. Wenn die „Werthaltigkeit des Gegenstands” so gar keine Rolle spielen soll, bekommt diese Rechtsprechung fast einen ideologischen Zug. Dann darf man sich nicht wundern, dass alternative Systeme (Verzicht auf präventiven Gläubigerschutz durch Kapitalaufbringung) und Gesellschaften (die englische Limited …) immer mehr Anhänger finden. Oder dass der Gesetzgeber korrigierend eingreift, wie das im Rahmen des geplanten MoMiG geschehen soll.
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