Prof. Dr. Dr. h.c. Carsten P. Claussen ist am 29.6. im Alter von 83 Jahren verstorben.
Aus dem Vorwort der Festschrift, die ihm zum 70. Geburtstag überreicht wurde:
„Carsten P. Claussen ist eine der Rechtswissenschaft, der Rechtspraxis und der Bankpraxis gleichermaßen verbundene Persönlichkeit. … Die in der Festschrift versammelten Beiträge zum Gesellschaftsrecht, Rechnungslegungsrecht und Bankrecht spiegeln die drei Gebiete wider, denen Carsten P. Claussen wissenschaftliches Denken und praktisches Wirken vornehmlich gewidmet ist. In allen drei Bereichen hat er sich nicht nur reiche praktische Erfahrungen erworben, sondern zur Klärung grundlegender theoretischer Fragen beigetragen und den Gang der Rechtspolitik maßgeblich beeinflusst. Dafür schuldet ihm die Rechtswelt Dank.
Die Juristerei ist CLAUSSEN gleichsam in die Wiege gelegt worden. Der Vater war Jurist und bis 1934 als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium tätig. Die Familie lebte in Berlin, in dem die Begegnung mit dieser unheilvollen Zeit besonders intensiv war. Die Ungnade der frühen Geburt wurde ihm 1943 durch das Diktat des Wehrdienstes zuteil, zunächst als Luftwaffenhelfer, zuletzt als Fähnrich zur See. Diese verlorene Zeit wieder einzulösen, bedurfte es übermäßiger Anstrengungen. Mit Schnelligkeit und Ausdauer absolvierte CLAUSSEN nach dem Krieg seine Ausbildungszeit: 1946 legte er das Abitur, 1951 nach 6‑semestrigem Studium der Rechte und der Volkswirtschaft in Mainz, Köln und zuletzt Berlin das Referendarexamen am dortigen Kammergericht ab, 1955 promovierte er an der Universität Köln mit einer gesellschafts- und steuerrechtlichen Dissertation und unterzog sich der Zweiten juristischen Staatsprüfung im Justizministerium Nordrhein-Westfalen. Dem folgte die Lehrzeit bei der Deutschen Union-Bank GmbH, Frankfurt am Main, einem Unternehmen der Wallenberg-Gruppe. Diesem Bankhaus blieb er bis 1968 verbunden, seit 1961 in Hamburg in einer Tochtergesellschaft, deren Geschäftsführung er alsbald übernahm.
Sein Entree in die deutsche Bankenwelt erfolgte als persönlich haftender Gesellschafter der Global-Bank Gerling & Co. KG in Hamburg, eine Tätigkeit, die 1975 endete, weil die Bank infolge des Herstatt-Konkurses veräußert werden musste, obwohl sie ein gesundes Unternehmen war und den Ursachen des Konkurses so fern stand wie der Hamburger Michel dem Kölner Dom.
Der weitere Lebensweg führte nach Hannover zur Norddeutschen Landesbank, in der CLAUSSEN als Vorstandsmitglied für das Wertpapierwesen und den Außenhandel tätig war und aus der er, den Gewohnheiten des Hauses entsprechend, mit Ablauf des 60. Lebensjahres ausschied. In diesem Grenzbereich zwischen Politik und Privatwirtschaft war CLAUSSEN bestens disponiert, er kannte aber auch die Grenzen politischen Handelns und die Unabwendbarkeit wirtschaftlicher Anpassungs-zwänge, die in dem nicht eben besonders reichen Niedersachsen manche schmerzliche Entscheidung verlangten.
In der dritten Periode seines beruflichen Schaffens hat CLAUSSEN sich dem Anwaltsberuf zugewandt. In dieser Rolle widmet er sich vielen Aufgaben als Berater, als treuhänderischer und fürsorglicher Beistand zahlreicher Unternehmen in den neuen Bundesländern — eine Aufgabe, die er über seine Leidenschaft für unternehmerische Gestaltung hinaus auch als historische Verpflichtung begreift — und als Vertreter seiner Mandanten.
Den Einstieg in die Wissenschaft ermöglichte ihm HEINRICH KRONSTEIN, dem er sich in dankbarer Erinnerung nach wie vor verbunden fühlt. Die Kronstein-Schule, aus der exzellente Juristen hervorgegangen sind, ist in seinem Vokabular immer noch gegenwärtig. Mit KRONSTEIN hat CLAUSSEN das bedeutsame, die damalige Aktienrechtsreform wesentlich beeinflussende Werk »Publizität und Gewinnverteilung im neuen Aktienrecht« (1960) veröffentlicht. Seine Kernthese ist in dem bekannten Slogan von den »gläsernen aber verschlossenen Taschen« zusammengefasst worden. Das Werk ist in manchen Teilen an der Georgetown University Washington DC entstanden, wo CLAUSSEN im Jahre 1959 als Assistenzprofessor tätig war. Seine überaus erfolgreiche Lehrtätigkeit an der Hamburger Rechtswissenschaftlichen Fakultät, 1971 begonnen und bis heute fortgesetzt, führte 1975 zur Verleihung der Honorarprofessur.
CARSTEN PETER CLAUSSEN, vielseitig interessiert und gebildet, dazu hoch sportlich — über seine Bezwingung der haute route in den Alpen hat er eine lesenswerte Darstellung geschrieben -, wird, dessen sind sich die Herausgeber sicher, noch viele Jahre aktiv zum Nutzen des Rechts tätig sein.”
Noch 13 Jahre lang wirkte CLAUSSEN als Wissenschaftler, Dozent und Anwalt. Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verlieh ihm im Jahr 2005 die Würde eines Ehrendoktors. Das hiesige Institut für Unternehmensrecht-Rechnungslegungsrecht-Steuerrecht kann auf eine von CLAUSSEN dotierte Stiftung zählen. Die Vortragsreihe Forum Unternehmensrecht bereicherte er mit knorrigen Diskussionsbeiträgen.
Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
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