Nicht selten ist ein die Gesellschaft betreuender Rechtsanwalt auch Mitglied im Aufsichtsrat. Der mit dem Vorstand geschlossene Mandatsvertrag bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 114 Abs. 1 AktG); eine ohne Zustimmung gewährte Vergütung ist zurückzugewähren, „es sei denn, dass der Aufsichtsrat den Vertrag genehmigt” (§ 114 Abs. 2 S. 1 AktG). Eine solche Genehmigung hat der Aufsichtsrat der Fresenius SE am Jahresende 2008 für die Zahlung von ca. 1 Mio. € Honorar an die Kanzlei Noerr erteilt, deren Partner Dr. Schenk im Aufsichtsrat der SE sitzt. Das OLG Frankfurt (5 U 30/10 v. 15.2.2011) sieht darin „schwere und eindeutige Gesetzesverstöße, die zur Versagung der (Gesamt-) Entlastung nach § …
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Aufsichtsratswahlen und Verstöße gegen die Kodex-Entsprechungserklärung
Ist die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds anfechtbar, weil ein Verstoß gegen die Entsprechungserklärung zum Corporate Governance Kodex vorliegt? Das ist ein neuerdings vieldiskutiertes und ersichtlich brisantes Thema. Das Landgericht Hannover urteilte vor Jahresfrist: „Werden … durch den Hauptaktionär benannte Mitglieder, bei denen ein dauerhafter Interessenkonflikt nicht auszuschließen ist, in den Aufsichtsrat gewählt, ohne dies durch Änderung der gemäß § 161 AktG abzugebenden Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex bekannt zu machen, ist dies als Gesetzesverstoß i.S.d. §§ 243 Abs. 1 S. 1, 252 Abs. 1 S. 1 AktG zu bewerten, der die Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses zum Aufsichtsrat zur Folge hat.” (Urteil v. 17.03.2010, Az. 23 O 124/09 – Continental AG). …
WeiterlesenÖffentliche Sitzungen des Aufsichtsrats bei kommunalen Unternehmen kraft Satzung
Der Aufsichtsrat tagt hinter verschlossener Tür. Aber dieser eherne Grundsatz des Gesellschaftsrechts (§ 109 AktG) gerät bei staatlichen bzw. kommunalen
Unternehmen in Konflikt mit dem politischen Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Hier schwelt schon lange ein Streit zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der kommunalrechtlichen Konzeption einer „good governance”. Denn was macht es für einen Unterschied mit Blick auf das Bürgerinteresse, ob das Stadtbad als Eigenbetrieb organisiert ist oder eine städtische GmbH der Träger ist? Im ersten Fall wird darüber im Gemeinderat öffentlich verhandelt, im zweiten Fall wird der Aufsichtsrat bislang nichtöffentlich tagen – doch damit könnte bald Schluss sein, wenn die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Aktienrechtsnovelle zum Gesetz wird. Der Koalitionsvertrag hatte zum Regierungsprogramm erhoben, der „Grundsatz der Öffentlichkeit bei kommunalen …
Aufsichtsrat und Fortbildung
Seit der Ergänzung der Nr. 5.4.1. des Deutschen Corporate Governance Kodex um einen Absatz zu „Aus- und Fortbildungsmaßnahmen” für die Mitglieder des Aufsichtsrats werden entsprechende Studienprogramme angeboten (etwa hier und da) oder sind –wie man hört – in Vorbereitung. Da ist es nützlich, den „Praxisleitfaden” zur Kenntnis zu nehmen, den die Rechtsanwälte Gehling, Dr. Nolden und Dr. von den Steinen (Broich Bezzenberger) dazu verfasst haben. Die Autoren merken ungeachtet grundsätzlicher Zustimmung kritisch an (Rn. 5):
- Die Fachkunde und Kompetenz wird nach der Vorstellung des Aktiengesetzes in erster Linie durch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gewährleistet. Das konstruktive Zusammenwirken der Aufsichtsratsmitglieder, die Kombination der im Aufsichtsrat vertretenen Fähigkeiten und …
WeiterlesenBGH zur (Nicht-)Haftung des Aufsichtsrats einer GmbH
Der BGH hat am 20.9.2010 entschieden, dass Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats einer GmbH nicht für Zahlungen der Geschäftsführer haften, die nach Insolvenzreife zu einer Verminderung der Insolvenzmasse führen. Dies wird mit dem Wortlaut des § 52 GmbHG (der nicht auf § 93 Abs. 3 <Nr. 6> AktG verweist), der Historie der Norm und dem Sinn und Zweck begründet: „Wenn die Gesellschafter einer GmbH freiwillig einen Aufsichtsrat bilden, wollen sie damit … nicht von der dualistischen Struktur der GmbH abweichen, sondern lediglich ein Gremium schaffen, das für die Gesellschafterversammlung als dem maßgeblichen Willensbildungs- und Kontrollorgan der Gesellschaft Teilaufgaben der Überwachung der Geschäftsführer übernimmt und sicherstellt, dass diese die Geschäfte so führen, wie es …
WeiterlesenDie fehlende Unterschrift des AR-Vorsitzenden und die Wiederwahl des Aufsichtsrats
Im Urteil v. 21.6.2010 (II ZR 24/09) befasst sich der BGH mit dem Bericht des Aufsichtsrats über seine Prüfung des Jahresabschlusses (§ 171 Abs. 2 S. 1 AktG). Der Senat verlangt, dass dieser schriftliche Bericht „vom Aufsichtsrat durch förmlichen Beschluss festgestellt und dessen Urschrift zumindest durch den Aufsichtsratsvorsitzenden unterschrieben werden muss.” Geschehe dies nicht, so seien sowohl die Entlastungsbeschlüsse für Aufsichtsrat und Vorstand als auch die Beschlüsse zur Wiederwahl desselben Aufsichtsrats anfechtbar. Der Verfahrensmangel sei nach dem Maßstab eines objektiv urteilenden Aktionärs relevant für die Ausübung der Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrechte.
Doch was ist ein „objektiv urteilender Aktionär” (der auch in § 243 Abs. 4 S. 1 AktG auftaucht)? Müsste …
Weiterlesen10 Jahre Verjährung für Haftungsansprüche gegen Vorstände und Aufsichtsräte
… börsennotierter Gesellschaften gem. Art. 5 Restrukturierungsgesetz_RefE. Danach soll § 93 Absatz 6 AktG wie folgt gefasst werden: „(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert oder Kreditinstitute im Sinne von § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.”
Aus der Begründung: „Die Verlängerung der Verjährungsfristen für die aktienrechtliche Organhaftung bei börsennotierten Gesellschaften erscheint sachgerecht, weil durch die Börsennotierung einer Aktiengesellschaft regelmäßig eine breitere Anlegerstruktur begründet wird und damit eine Anonymisierung der Aktionärsbasis verbunden ist. Die bei einem kleinen Aktionärskreis (ebenso wie bei der GmbH) häufig gegebene Identifikation als Mitunternehmer mit entsprechendem Engagement bei der Mitsprache und Überwachung weicht bei …
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