„Unternehmensrecht und Corporate Governance als Aktionsfeld gesellschaftspolitischer Wünsche. Dies sehen Sie nicht nur bei der Überlegung, Corporate Governance zur Wachstumssteigerung einzusetzen, dies sehen Sie natürlich auch bei dem Thema Frauenförderung und Frauenquote. Im Kern geht es hier um gesellschaftspolitische Veränderungen, die mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln durchgesetzt werden sollen. Dessen muss man sich bewusst sein.” Das sagte gestern die Bundesjustizministerin (laut Redemanuskript) auf der 12. Corporate Governance Konferenz in Berlin. Und das ist ein großes Problem. Natürlich stehen die Aktiengesellschaften nicht außerhalb der Gesellschaft – aber es handelt sich um private Assoziationen, nicht um halbstaatliche Einrichtungen. Als solche jedoch werden große börsennotierte Gesellschaften zunehmend betrachtet und reglementiert.
Die Justizministerin gab auch einen Ausblick: „Was könnte in den nächsten Jahren die Corporate Governance Debatte beherrschen? Je nach Wahlausgang werden die Themen Vergütung und Frauenquote wieder hochkommen. Vielleicht gibt es wieder eine Diskussion um eine Reform des Beschlussmängelrechts; das wären aber eher technische Fragen. Das Absinken der Hauptversammlungspräsenzen und die grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung machen Sorgen, auch das aber ist mehr Technik.” — Nun ja, es kommt wohl darauf an, was man unter Rechtstechnik versteht. Eine Reform des wildwuchernden Beschlussmängelrechts, das ungerechte Resultate zeitigt, ist mehr als nur „Technik”.
Über EU-Entwicklungen heißt es, „dass die Corporate Governance Diskussion sich weiter entwickelt von Vorstand und Aufsichtsrat hin zu institutionellen Anlegern, zu den Eigentümern der Gesellschaften und zu ihren Helfern. Hier geht es also plötzlich um die Frage, wie soll der ideale Anteilseigner aussehen und sich verhalten? Die Politik modelliert sich das Idealbild eines verantwortungsbewussten, informierten, engagierten und langfristig investierenden Gesellschafters.” — Dieses Modell ist von der Wirklichkeit einigermaßen weit entfernt. Was taugt es also?
Übrigens: Die Kodex-Kommission hat sich deutlich gegen das Vorhaben ausgesprochen, dass die Hauptversammlung bindend über das System der Vorstandsvergütung entscheidet („Bindende gesetzliche Hauptversammlungsentscheidung wird überhöhte Vorstandsbezüge nicht verhindern.”).
Entgegen mancher Erwartung konnte auf der Konferenz kein neuer künftiger Vorsitzender für die Kodex-Kommission präsentiert werden.
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