In der vorigen Woche wurde diese Aufgabe in Düsseldorf als Teil einer 5‑stündigen Klausur gestellt (neben je einer Aufgabe zum europäischen Wirtschaftsrecht und zum Immaterialgüterrecht; zwei von den drei Sachverhalten waren nach Wahl zu bearbeiten):
A ist einziges Vorstandsmitglied bei der (nicht börsennotierten) X‑AG und mit 60% am Grundkapital beteiligt. Neben ihm sind noch B und C mit je 20% beteiligt. Ein Aufsichtsrat besteht ordnungsgemäß.
1. B möchte sich über das Auslandsgeschäft unterrichten. Wie kann er an Informationen gelangen? Wie wäre die Rechtslage, wenn es sich um eine GmbH handeln würde?
2. B missfällt die Amtsführung des A, der eine ausländische Betriebsstätte errichten ließ. Er meint, die Arbeitsplätze sollten im Inland bleiben. Die Hauptversammlung (HV) soll sich damit befassen, den Betrieb im Ausland schließen und A abberufen. Wäre die Einberufung einer HV mit diesen Beschlussanträgen zulässig?
3. Um den Streit in der AG nicht öffentlich zu machen, soll die HV „diskret” stattfinden. Welche Möglichkeit der Einberufung gibt es dafür?
4. Angenommen, die HV entzieht dem Vorstand A das Vertrauen. A fragt, was das für ihn bedeuten könnte. Er verweist auf die Satzung der AG, die lautet: „Während der Amtszeit des Vorstands ist eine Abberufung ausgeschlossen”.
5. Angenommen, auf der HV wird (formell ordnungsgemäß) ein sog. genehmigtes Kapital beschlossen. Dagegen legt C Widerspruch ein, der meint, in einer kleinen AG mit drei Aktionären könnten Kapitalmaßnahmen leicht von der HV beschlossen werden, die „Auslagerung” auf die Verwaltung sei unnötig. Er erhebt Klage, weshalb der Registerrichter von der Eintragung zunächst absieht. Was kann die Gesellschaft unternehmen?
6. Kann der Aufsichtsrat erreichen, dass die Errichtung von Betrieben seiner Zustimmung bedarf?
7. C hat noch ganz andere Vorwürfe gegen A. Er beschuldigt ihn, bei der Errichtung des Betriebs in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Der Gesellschaft sei ein Schaden von 1 Mio. Euro entstanden. Auf der HV steht die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs zur Beschlussfassung an. A stimmt dagegen, C dafür und B enthält sich. Welches Beschlussergebnis verkündet der Versammlungsleiter? Wer würde die Gesellschaft in einem evtl. Prozess gegen A vertreten? Kann C auch ohne Zustimmung der HV gegen A vorgehen?
8. Die Aktionäre und der Vorstand sind sich einig, dass die Y‑GmbH erworben werden soll. Man will jedoch nicht die ohnehin knappen Barmittel der Gesellschaft hierzu nutzen. Welche Möglichkeit hat die AG, die Geschäftsanteile des Alleingesellschafters Y zu erwerben, dem in Zeiten der Eurokrise nicht an Papiergeld gelegen ist? Skizzieren Sie in knapper Weise, welche Schritte vorzunehmen sind.
Wann wird die Lösung veröffentlicht?
Die Annahme unter Frage 4. würde entweder voraussetzen, dass sich A an der Abstimmung nicht beteiligt, was wohl recht lebensfremd wäre, oder dass ein Stimmverbot bestünde, was im Rahmen des Vertrauensentzugs nach § 84 Abs. 3 S. 2 AktG jedoch nicht gegeben ist (vgl. z.B. Hüffer § 84 Rn 30 a.E.).