Kapitalverkehrsfreiheit — statutarische Privilegierung der öffentlichen Hand kann unzulässig sein

Die Stadt Mai­land hält eine Min­der­heits­be­tei­li­gung an dem bör­sen­no­tier­ten Ener­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men AEM. Mit Hilfe zivil- und gesell­schafts­recht­li­cher Bestim­mun­gen hat sie die sta­tu­ta­ri­sche Mög­lich­keit erhal­ten, die Mehr­heit der Mit­glie­der des Ver­wal­tungs­rats zu bestellen. 

Der Gene­ral­an­walt Maduro schlägt dem EuGH in sei­nem Antrag vom 7.9.2006 vor, wie folgt zu befinden: 

Arti­kel 56 EG steht einer natio­na­len Rege­lung ent­ge­gen, die eine öffent­li­che Ein­rich­tung, die einen Anteil von 33,4 % am Stamm­ka­pi­tal einer pri­va­ti­sier­ten Gesell­schaft hält, in die Lage ver­setzt, die Befug­nis zur Bestel­lung einer abso­lu­ten Mehr­heit der Mit­glie­der des Ver­wal­tungs­rats zu behalten.” 

Es geht um die Fort­füh­rung der Gol­den-Shares-Recht­spre­chung, wonach es grund­sätz­lich gegen Art. 56 EGV ver­stößt, wenn der Staat bei einer pri­va­ti­sier­ten Gesell­schaft durch gesetz­li­che Bestim­mun­gen Son­der­rechte behält. Der Clou im vor­lie­gen­den Fall besteht nun darin, dass die Son­der­rechte nicht durch Gesetz gewährt wer­den, son­dern durch die Sat­zung. Nach ita­lie­ni­schem Gesell­schafts­recht könn­ten pri­vate Aktio­näre theo­re­tisch die­sel­ben Son­der­rechte erhalten. 

Aller­dings wurde die frag­li­che Sat­zungs­klau­sel (über die Beset­zung des Ver­wal­tungs­rats) auf Grund von gesetz­li­chen Bestim­mun­gen ein­ge­fügt, die nur für staat­li­che Ein­rich­tun­gen gel­ten. Daher sagt der Gene­ral­an­walt: Regeln des natio­na­len Rechts, von denen nur der Staat und öffent­li­che Ein­rich­tun­gen Son­der­be­fug­nisse her­lei­ten kön­nen, (füh­ren) begriff­lich eine Beschrän­kung des freien Kapi­tal­ver­kehrs im Sinne von Arti­kel 56 EG ein. Dies gilt nicht nur für gesetz­ge­be­ri­sche Maß­nah­men, die dem Staat unmit­tel­bar Son­der­voll­mach­ten ver­lei­hen, son­dern auch für natio­nale Rege­lun­gen, die zum beson­de­ren Vor­teil des Staa­tes die Auf­nahme sol­cher Voll­mach­ten in die Sat­zung einer Gesell­schaft erlauben.” 

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