„Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH, die die Feststellung des Jahresabschlusses, die Entlastung der Geschäftsführerin sowie die Übernahme von Personalkosten zum Gegenstand haben, sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzverwalter zu richten.” So hat es OLG München mit Urteil v. 6.10.2010 (7 U 2193/10) entschieden. Immer dann, wenn Beschlüsse der Gesellschafterversammlung angefochten werden, die das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen betreffen, sei die Klage gegen den Insolvenzverwalter zu richten. — Das soll hier nicht kommentiert, sondern der Umgang des OLG-Senats mit Kommentarzitaten moniert werden. Da wird „Scholz, GmbHG, 10. Auflage § 45 Rdnr. 149” angeführt. Ungenannt bleibt der Verfasser. Franz Scholz hat den Kommentar im Jahr 1928 begründet; die in Bezug genommene Erläuterung stammt von K.Schmidt. Der Senat führt lediglich „Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage, § 46 Rdnr. 41” und „Baumbach/Hueck GmbHG, 19. Auflage, § 60 Rdnr. 56” an; Verfasser ist im ersten Fall Wolfgang Zöllner, im zweiten Fall Ulrich Haas. Schließlich wird man mit der Angabe „Karsten Schmidt AktG 2008, § 246 Rdnr. 15” verwirrt. Offenbar ist nicht der Autor Karsten Schmidt (der § 246 AktG im Großkommentar zum AktG <1996> erläutert) gemeint, sondern wohl der von K.Schmidt/Lutter herausgegebene AktG-Kommentar; dort ist Martin Schwab der Verfasser der Fundstelle.
Es geht nicht darum, dass ein Gerichtsurteil mit Nachweisen aufgebläht wird; der Fall ist zu entscheiden und nicht eine wissenschaftliche Abhandlung zu verfassen. Doch wenn zitiert wird, dann richtig. Das gilt für studentische Seminararbeiten genauso wie für anwaltliche Schriftsätze und für Entscheidungen von Gerichten.
Sehr geehrter Herr Professor Noack,
das Anführen von Belegstellen dient nicht dazu, dem konkreten Verfasser Reputation zu verschaffen, sondern dem Leser das Finden der Stelle zu ermöglichen. Das geht auch ohne Nennung des Verfassers.
Wer den Teil im Kommentar geschrieben hat, ist für den Beleg selbst vollkommen irrelevant. Das Aufführen des Verfassers mag wünschenswert erscheinen — einen Mehrwert für die Belegstelle bietet es nicht.
Contra! Selbstverständlich bietet der Name des Verfassers einen Mehrwert gegenüber der Angabe des Herausgebers. Das beste Beispiel bietet das Zitat aus K. Schmidt/Lutter. Ich gehe davon aus, dass mir jeder, der sich mit dem Gesellschaftsrecht beschäftigt, zustimmen wird, dass ein „KS”-Zitat wegen dessen umfangreichen und bedeutenden Gesamtwerkes und der daraus resultierenden Reputation deutlich höheres Gewicht hat als ein solches des jungen und lange (noch?) nicht so umfangreich in Erscheinung getretenen Martin Schwab. Davon abgesehen ist es einfach bedauerlich, wenn sich Richter an einem Obergericht darüber hinwegsetzen, was ihnen und Generationen von Juristen vor und nach ihnen beigebracht wurde. Auch obergerichtliche Urteile sollten wissenschaftlich sauber verfasst sein, da auch sie die Rechtsentwicklung mit prägen.
Unabhängig davon, ob ein bestimmter Verf. einen weiteren Mehrwert bildet: Es gehört sich einfach, denjenigen, dessen Ansicht man heranzieht, durch namentliche Nennung zu würdigen. Ob man die Meinung teilt oder nicht, ist dabei gleichgültig. Alles andere ist schlechter Stil.
Und für Studenten außerdem ein mieses Vorbild.
Es gehört sich schon deshalb, weil die Nichtbenennung des Verfassers zu Verwirrungen führen kann. Wird wie im oben erwähnten Fall lediglich der Herausgeber benannt, kann es dazu führen, dass suggeriert wird, der Herausgeber vertrete die Meinung xy, während er als Mitherausgeber in einem anderen Kommentar die Gegenmeinung yx vertritt. Für einen juristischen Laien wäre in einem Urteil jedenfalls nicht plausibel, warum das Gericht zur Entscheidungsfindung für zwei unterschiedliche Meinungen jeweils die gleiche Person heranzieht.
Der von Ihnen, Herr Prof. Dr. Noack, zuletzt angeführte Satz trifft meines Erachtens den Kern: Wenn der Student die Feinheiten der Zitierweise einhalten muss, was auch richtig ist, weil diese in Wissenschaft und Praxis von Wichtigkeit ist, so muss das erst Recht für Gerichte, Echtsanwälte, Verwaltungsbeamte usw. gelten.