Die Senator Entertainment AG meldet am 29.3: „Das zuständige Amtsgericht hat nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplanes soeben die Aufhebung des Insolvenzverfahrens bekannt gegeben. Nach Rechtskraft des Insolvenzplanes am 23. November 2005 wurden die im Insolvenzplan geregelten Zahlungen an Gläubiger vorgenommen.”
In der FAZ v. 1.4., S. 17 wird der bei Senator tätig gewesene Insolvenzverwalter RA Rolf Rattunde mit den Aussagen zitiert, dass sich das Insolvenzrecht auch zur Sanierung von Börsenunternehmen eigne und eine Orientierung am englischen Recht nicht nötig sei. Allerdings gebe es Widersprüche zum Aktienrecht, das auf die Zahlungsunfähigkeit nicht eingehe. Der Insolvenzverwalter sei ausschließlich dem Insolvenzrecht verpflichtet und müsse auch keine Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlichen. „Der Verwalter ist wie ein Betriebsfremder, der das Unternehmen führt und damit das Testat der Bilanz erschwert. An solchen Widersprüchen wäre noch zu feilen.” — Aus der Berliner Morgenpost v. 1.4.: Insolvenzverwalter Rattunde „berichtete über neue Erfahrungen mit dem Aktienrecht im Zusammenhang mit einer Insolvenz und plädierte für eine kreative Gesetzesänderung. Es gebe Widersprüche zwischen Aktien- und Insolvenzrecht. Im Aktienrecht sei ein Insolvenzverwalter schlicht nicht vorgesehen. Er habe Senator zwar offiziell führen müssen, habe aber eine Hauptversammlung nicht einberufen können.
Da ist was dran. Weder das Kapitalmarkt– noch das Aktienrecht schert sich drum, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Aktiengesellschaft eröffnet worden ist. Von ganz wenigen Bestimmungen abgesehen kommt die Situation der Insolvenz dort schlicht nicht vor. Das ist gar nicht schwer zu erklären: Das Aktienrecht ist neben und mit der alten Konkursordnung (1877 — 1998) entstanden. Die Konkursordnung kannte die dauerhafte Weiterführung des Unternehmens nicht, sondern setzte auf die Liquidation der noch vorhandenen Vermögenswerte. Seit 1999 gilt die Insolvenzordnung mit Insolvenzplanverfahren und Eigenverwaltung (§ 1 InsO: „in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens”). Zerschlagung ist eine, Sanierung die andere Option — um „die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen” (Verfahrensziel! s. abermals § 1 InsO). Die Sanierung wird idR unter der Regie des Insolvenzverwalters ins Werk gesetzt, der dazu wie ein Vorstand der AG agieren muss, aber formell kein Vorstand ist (den gibt es auch noch, nebst Aufsichtsrat). Diese Gemengelage bei der unternehmerischen Sanierung einer insolventen Aktiengesellschaft hat das geltende Recht noch nicht bewältigt.
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