Sind alle E‑Mails aus einem Unternehmen auch Geschäftsbriefe“?

Das EHUG ver­langt Pflicht­an­ga­ben bei E‑Mails, die als Geschäfts­brief ver­sandt wer­den. Aus Groß­un­ter­neh­men wird die Besorg­nis geäu­ßert dass diese Anga­ben einen Rechts­schein dafür schaf­fen, dass der­je­nige der die E‑Mail sen­det, im Auf­trag des Unter­neh­mens han­delt, auch wenn dies natür­lich nicht immer so ist. Wir fürch­ten, mit dem Anhang sol­che E‑Mails quasi als Geschäfts­briefe anzu­er­ken­nen, da ja nicht wei­ter inhalt­lich dif­fe­ren­ziert wird, wenn die Anga­ben auto­ma­tisch bei­gefügt wer­den. Wir haben aber das 4‑Au­gen-Prin­zip auch zur Kor­rup­ti­ons­kon­trolle ein­ge­führt, das so kon­ter­ka­riert wird.” Auch wolle man die die E‑Mails aller Mit­ar­bei­ter nicht bis zu 10 Jah­ren lang spei­chern müs­sen z.B. gem. §§ 238, 257 HGB”. 

Nicht alles was vom Account des Unter­neh­mens kommt ist schon des­halb geschäft­li­cher Natur. Maß­ge­bend ist der Inhalt. Kei­nes­wegs ist m.E. jede E‑Mail eines Mit­ar­bei­ters („Ter­min um 14 Uhr wird bestä­tigt”) ein Geschäfts­brief des Unter­neh­mens. Es muss sich schon um eine Ange­le­gen­heit von gewis­sem Gewicht, um eine recht­lich erheb­li­che (nicht: ver­bind­li­che) Erklä­rung, han­deln. Wenn aller­dings ein Mit­ar­bei­ter in die­sem Sinne nach außen per E‑Mail kom­mu­ni­ziert, dann liegt ein Geschäfts­brief vor. Auf seine rechts­ge­schäft­li­che Ver­tre­tungs­be­fug­nis oder die Ein­hal­tung inter­ner Vor­ga­ben („4‑Au­gen-Prin­zip”) kommt es für die Frage, ob eine geschäft­li­che E‑Mail vor­liegt, nicht an. Ein Dis­c­lai­mer, wonach es sich nur um eine Mit­tei­lung des Mit­ar­bei­ters” han­dele, ginge ins Leere. Die Unter­neh­men haben aber nicht schon wegen der E‑Mail-Pflicht­an­ga­ben eine Rechts­schein­haf­tung zu fürch­ten, son­dern nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen nur dann, wenn … s. BGB AT – Grund­kurs.

Hier noch eine kleine Zita­ten­samm­lung, die auch zeigt, dass die moder­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tu­ren noch nicht hin­rei­chend in den Kom­men­ta­ren rezi­piert sind: 

  • Geschäfts­briefe sind alle Schrei­ben an einen exter­nen Emp­fän­ger zu geschäft­li­chen Zwe­cken” (Krebs im Münch­Komm HGB, 2. Aufl. 2005, § 37a Rn. 5). 
  • Geschäfts­briefe umfasst alle (nicht münd­li­chen) Mit­tei­lun­gen des Kfm über geschäft­li­che Ange­le­gen­hei­ten nach außen … Geschäfts­briefe sind auch Post­kar­ten, str, Tele­briefe, Faxe, Tele­gramme, btx, e‑mail, Inter­net­seite, auch Fern­schrei­ben, str.” (Hopt in Baumbach/​Hopt, HGB, 32. Aufl. 2006, § 37a Rn. 4). 
  • Der Begriff Geschäfts­brief ist weit aus­zu­le­gen; dazu gehö­ren alle schrift­li­chen Mit­tei­lun­gen geschäft­li­cher Art unab­hän­gig von ihrer äuße­ren Form (z.B. Post­karte) oder der Art und Weise ihrer Über­mitt­lung. Erfasst wer­den auch Rech­nun­gen und Quit­tun­gen sowie Tele­gramme und Fern­schrei­ben, Tele­brief und Tele­fax” (Mer­tens im Köl­ner Kom­men­tar zum AktG, 2. Aufl. 1988, § 80 Rn. 9). 
  • Geschäfts­briefe sind danach nicht nur auf Geschäfts­brief­bo­gen im eigent­li­chen Sinne ver­fasste Schrei­ben, son­dern sämt­li­che nach außen gerich­tete Mit­tei­lun­gen der Gesell­schaft in Schrift­form, die sich an einen bestimm­ten Emp­fän­ger rich­ten” (Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 80 Rn. 2
  • Begriff ist weit aus­zu­le­gen. Er umfasst gesam­ten exter­nen Schrift­ver­kehr der GmbH, dh jede an einen Emp­fän­ger außer­halb der GmbH, auch an ver­bun­dene Unter­neh­men gerich­tete schrift­li­che geschäfts­be­zo­gene Mit­tei­lung, auch bei for­mu­lar­mä­ßi­ger Abfas­sung … Vom Zweck der Vor­schrift umfasst sind alle Erklä­run­gen in Text­form (§ 126b BGB). Dies betrifft ins­be­son­dere mit Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­dien über­sandte Mit­tei­lun­gen, die zur dau­er­haf­ten Wie­der­gabe in Schrift­zei­chen geeig­net sind (E‑Mail, Tele­fax, Fern­schrei­ben).” (Zöllner/​Noack in Baumbach/​Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 35a Rn. 13). 

Ein Kommentar

  1. Wir haben gerade eine Dis­kus­sion im Büro, ob es rich­tig ist, dass die Geschäfts­lei­tung die ein­ge­hen­den per­sön­lich adres­sier­ten emails eben­falls lesen kann.
    Wir als geschäfts­lei­tung sehen das als unser recht um einen gewis­sen Über­blick zu haben über die Vor­gänge in unse­rem Unter­neh­men. Zumal die emails alle mit der Fir­men­en­dung ver­se­hen sind.
    Das per­so­nal sieht dies als angriff auf die per­sön­li­che Freiheit.

    Gibt es dazu irgend­ei­nen Kommentar?

    Über eine Infor­ma­tion wären wir Ihnen dankbar.

    MFG
    Gruschwitz

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