§ 30 I 1 Nr. 1 WpÜG idF des Umsetzungsgesetzes zur Übernahmerichtlinie hat ab Mitte Juli 2006 eine deutliche Erweiterung der Zurechnung von Aktien gebracht. Bis zur Neuregelung gab es nur eine Zurechnung nach oben, seither auch eine Zurechnung nach unten (Personen die den Bieter kontrollieren) und eine Zurechnung zur Seite (Tochtergesellschaften der den Bieter kontrollierenden Personen). Die Norm hat kontroverse Beurteilungen erfahren, contra und (eher) pro.
Wie man hört, erstickt die BaFin in Befreiungsanträgen (§ 37 WpÜG), denn ein bloßes „Umhängen” von Beteiligungen in einer tief- und weitverzweigten Unternehmensgruppe mag zwar neue Zurechnungen, aber kann in der Sache kein Pflichtangebot auslösen, darf nicht zum Stimmrechtsverlust führen und mit Bußgeldern verfolgt sein (§§ 59, 60 WpÜG). Über die Behördenersuchen sagte Dr. Kremer (BDI) in der Anhörung vor dem BT-Finanzauschuss „Die BaFin-Anträge auf Befreiung, die werden zurzeit praktisch nicht entschieden.” Das wird wohl auch so bleiben. Gestern teilte Dr. Cascante auf einem Mandantenseminar der Sozietät GleissLutz mit, die BaFin habe informell erklärt, die geltende Norm nicht mehr anwenden zu wollen, von Befreiungsanträge möge man Abstand nehmen. Grund: eine eigenartige Vorwirkung künftiger Gesetzgebung. Denn im Zuge des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (TUG) soll diese Vorschrift (knapp ein halbes Jahr in Kraft!) wieder auf den alten Stand zurückgeführt werden. Mit einer Verabschiedung des TUG ist noch im Dezember zu rechnen.
Schreiben Sie einen Kommentar