Seit 10 Jahren kann eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) gegründet werden. Inzwischen gibt es 2 234 SE in der EU. Aber nur 316 SE sind operativ tätig mit mindestens 5 Arbeitnehmern. Davon sind 147 SE in Deutschland registriert. 100 haben eine dualistische, 47 eine monistische Struktur. 41 der 147 Gesellschaften sind börsennotiert. Soweit die Zahlen (Quelle: Hans Böckler Stiftung, 1.10.2014). — Mit dem „erreichten Stand, verbleibenden Anwendungsfragen und Perspektiven” nach 10 Jahre SE hat sich vor kurzem ein Symposium an der Universität Mainz auseinandergesetzt. Ca. 50 Fachleute diskutierten intensiv u.a. über die Beteiligungsvereinbarung bzw. das Mitbestimmungsstatut, das monistische System der SE, die grenzüberschreitende Mobilität und die Auswirkungen auf das deutsche Aktien- und Mitbestimmungsrecht.
Mein Gegenstand war die „Aktionärsbeteiligung bei der Verhandlung des Mitbestimmungsstatuts der SE”. Hier war festzustellen, dass es eine solche Beteiligung an den Verhandlungen nach geltendem Recht nicht gibt. Auf Seiten der gründungswilligen Aktiengesellschaft agiert deren „Leitung”, also der Vorstand. Ein Reformvorschlag geht dahin, der deutsche Gesetzgeber solle ein „Unternehmens-Verhandlungsgremium” schaffen, dem neben dem Vorstand von der Anteilseigner Seite des Aufsichtsrats bestellte „Eignervertreter” angehören (so der Arbeitskreis Aktien- und Kapitalmarkrecht). Die Notwendigkeit eines solchen gesetzgeberischen Eingriffs hängt davon ab, ob die Beteiligungsvereinbarung die Unternehmensverfassung wesentlich beeinflussen kann und ob die Hauptversammlung ausreichend Gelegenheit hat, über das Ergebnis der Vereinbarung zu befinden. Nach zutreffender herrschender Ansicht ist die Vereinbarung auf die Regelung der Zahl der Arbeitnehmervertreter, deren Zusammensetzung und Wahl beschränkt. Die Gesamtzahl des Aufsichtsrats kann sie nicht bestimmen (str.), ebenso wenig Zustimmungsvorbehalte festsetzen oder die Ausschussbildung reglementieren. Auf dieser Grundlage ist kaum Raum für die Kritik, der Vorstand konfiguriere sich ein ihm genehmes Aufsichtsorgan. Die Optionen der Hauptversammlung sind: Sie kann sich die Genehmigung der Vereinbarung vorbehalten (Art. 23 II 2 SE-VO), was auch bei der häufigen Formwechsel-Gründung anzunehmen ist; sie kann einen bedingten Gründungsbeschluss fassen oder überhaupt erst nach ausgehandelter Vereinbarung die Gründung beschließen (so z.B. SAP im Mai 2014). Betrachtet man den engen Regelungsbereich der Vereinbarung und die Möglichkeiten der Hauptversammlung zusammen, so besteht kein dringender Reformbedarf. Das ändert sich, wenn man die Vereinbarung für weitere Gestaltungen öffnet (sei es durch Auslegung des geltenden, sei es durch Schaffung neuen Rechts), dann wird eine Aktionärsbeteiligung bei den Verhandlungen und jedenfalls am Ergebnis der Verhandlungen (obligatorische Ratifikation durch die HV) notwendig werden.
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