2. ARUG — Referentenentwurf veröffentlicht

Der lang erwar­tete Refe­ren­ten­ent­wurf (RefE) eines 2. ARUG ist jetzt vom BMJV ver­öf­fent­licht wor­den. Es geht um die Umset­zung der Ände­rungs­richt­li­nie zur Aktio­närs­rech­te­richt­li­nie (EU 2017/828).

Große Auf­merk­sam­keit wird das Thema Vor­stands- und Auf­sichts­rats­ver­gü­tung erfah­ren. Die Richt­li­nie ver­pflich­tet zu einer Ver­gü­tungs­po­li­tik“, die von der Haupt­ver­samm­lung beschlos­sen und ver­öf­fent­licht wird. Die Richt­li­nie lässt sowohl ein ledig­lich bera­ten­des als auch ein zwin­gen­des Votum der Haupt­ver­samm­lung zu. Der RefE ent­schei­det sich für ein bera­ten­des Votum, wie es im Akti­en­ge­setz fakul­ta­tiv bereits vor­ge­se­hen ist – aber es wird zum Pflicht­pro­gramm. Ein zwin­gen­des Votum der Haupt­ver­samm­lung würde den Auf­sichts­rat schwä­chen, was als Defi­zit bei der Mit­be­stim­mung zu buchen wäre.

Ein wei­te­rer Schwer­punkt ist der Umgang mit Geschäf­ten der bör­sen­no­tier­ten AG, die sie mit ihr nahe­ste­hen­den Per­so­nen schließt („rela­ted party tran­sac­tions“ — RPT). Die Richt­li­nie führt ein Schutz­re­gime ein, wonach alle wesent­li­chen Geschäfte mit Nahe­ste­hen­den unmit­tel­bar bei Abschluss bekannt­ge­macht wer­den müs­sen und einer Zustim­mungs­pflicht des Auf­sichts­rats oder der HV unter­lie­gen. Die­ser Ansatz liegt quer zu dem deut­schen Sys­tem, das mit sei­nem Kon­zern­recht und wei­te­ren Ein­zel­re­ge­lun­gen der Pro­ble­ma­tik begeg­net. Der RefE will die Vor­ga­ben der Richt­li­nie unter Nut­zung aller Optio­nen und bei hohen Ein­satz­schwel­len umset­zen. Ein wesent­li­ches Geschäft“ liegt erst vor, wenn des­sen wirt­schaft­li­cher Wert 2,5% des Aktiv­ver­mö­gens beträgt. Das RPT-Regime bleibt ganz außer Betracht, wenn es um Geschäfte im Ver­trags­kon­zern geht, weil die Haupt­ver­samm­lung schon dem Beherr­schungs­ver­trag zuge­stimmt hat. Auch Geschäfte mit 100%-Tochtergesellschaften oder Töch­tern ohne Betei­li­gung nahe­ste­hen­der Per­so­nen sind aus­ge­nom­men. Das­selbe gilt all­ge­mein für markt­üb­li­che Geschäfte im ordent­li­chen Geschäfts­gang. Wenn die­ser Umset­zungs­plan zum Gesetz wird, dürfte sich die Auf­re­gung über die RPT-Rege­lun­gen bald legen.

Ein sehr kom­ple­xes Feld mar­kiert die Richt­li­nie mit den Vor­ga­ben, dass die Gesell­schaf­ten ihre Aktio­näre iden­ti­fi­zie­ren und infor­mie­ren. Dabei sind die Bezie­hun­gen zwi­schen der Akti­en­ge­sell­schaft und ihren Aktio­nä­ren ange­spro­chen, die über eine lange Kette von Inter­me­diä­ren (Depot­ban­ken, Kre­dit­in­sti­tute, Zen­tral­ver­wah­rer) ver­mit­telt wer­den. Über diese Kette soll die Iden­ti­fi­ka­tion lau­fen und sol­len die Infor­ma­tio­nen flie­ßen. Der RefE sieht für die Iden­ti­fi­zie­rung keine Schwelle vor, son­dern über­lässt es den Gesell­schaf­ten, ob sie sich inso­weit auf grö­ßere Anteile beschrän­ken. Für Namens­ak­tien wird die Aus­kunft aus der Abfrage für die Regis­ter­füh­rung ver­füg­bar sein. Nicht­bör­sen­no­tierte Gesell­schaf­ten kön­nen sich in das Regime ein­wäh­len. Für die Orga­ni­sa­tion von Haupt­ver­samm­lun­gen wird sich eini­ges ändern, was in einer Über­gangs­vor­schrift berück­sich­tigt wird (Gel­tung erst ab dem Jahr 2020). Seit Sep­tem­ber liegt auch eine EU-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung vor, die sehr detail­liert die For­ma­lia und Fris­ten regelt; das ARUG II ver­weist pau­schal auf diese Verordnung.

Schließ­lich geht es noch um Offen­le­gungs­pflich­ten von insti­tu­tio­nel­len Anle­gern, Ver­mö­gens­ver­wal­tern und Stimm­rechts­be­ra­tern. Letzt­ge­nannte sol­len künf­tig erklä­ren, ob und inwie­weit sie den Vor­ga­ben eines Ver­hal­tens­ko­dex ent­spre­chen. Fer­ner sol­len sie bestimmte Infor­ma­tio­nen über ihre Tätig­keit öffent­lich zugäng­lich machen.

Mit der Vor­lage des minis­te­ri­el­len RefE beginnt die öffent­li­che Dis­kus­sion, die im nächs­ten Jahre zu einem Regie­rungs­ent­wurf füh­ren dürfte. Das sich anschlie­ßende par­la­men­ta­ri­sche Ver­fah­ren sollte mög­lichst bis zum Juni 2019 been­det sein, denn dann endet die Umset­zungs­frist (wenn­gleich nicht für alle Teile, denn die vor­ste­hend erwähnte Durch­füh­rungs­ver­ord­nung schiebt inso­weit hinaus).

Die Akti­en­rechts­re­form in Per­ma­nenz“, die 1994 mit dem Gesetz zur Klei­nen AG begann, erlebt mit die­sem euro­pa­recht­lich ange­sto­ße­nen Gesetz­ent­wurf ihr Vierteljahrhundert-Jubiläum.

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