Die Hauptversammlung kann statt über den Internet-Bundesanzeiger mit eingeschriebenem Brief einberufen werden (§ 121 Abs. 4 S. 2 AktG). Das ist umständlich, doch die Satzung kann etwas „anderes” bestimmen – und das tut sie auch, insbesondere die E‑Mail wird verbreitet als Mittel der Information benannt. Könnte die Klausel auch lauten, dass eine Facebook-Nachricht genügt? Wenn auf diese Weise alle Aktionäre erreicht werden können, sollte dem nichts entgegenstehen. Voraussetzung wäre also, dass die Aktionäre eine entsprechende Facebook-Gruppe bilden oder die Seite subskribiert haben. Eine öffentliche Einladung auf der Facebook-Seite der Gesellschaft würde nicht genügen, denn die Nachricht soll den Aktionären überbracht werden („push”), die Erwartung, dass sie abgerufen werde („pull”) reicht nicht. Damit ist klar, dass die Facebook-Alternative nicht für Gesellschaft mit großem Aktionärskreis, wohl aber für kleine „personalistische” AG in Betracht kommt.
Eine Nutzung der öffentlichen Facebook-Seite der Gesellschaft könnte auch das leidige Medienbündel entzerren, das § 121 Abs. 4a AktG im Jahr 2009 eingeführt hat. Die Einberufung soll solchen „Medien zur Veröffentlichung” zugeleitet werden, von denen eine unionsweite Verbreitung zu erwarten ist. Die Zeitungen veröffentlichen aber nicht, warum sollten sie? Die gewöhnliche HV in irgendeinem der 27 Mitgliedstaaten ist keine journalistisch verwertbare Neuigkeit. Würde der Facebook-Auftritt der Gesellschaft genutzt, so könnten sich besagte Medien (und weltweit alle Aktionäre) dort informieren, eine aufgedrängte Zuleitung wäre überflüssig. Aber die vorherrschende Auffassung in Deutschland lautet (noch) anders. Das Fax in der Redaktionsstube muss rattern, der (E‑Mail-)Briefkasten des Publikationsorgans gefüllt werden.
Die kapitalmarktrechtliche Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) verlangt, die Informationen solchen Medien zuzuleiten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie in der gesamten Europäischen Union verbreitet werden (§ 3a Abs. 1 WpAIV). Auch hier das Wort: „zuleiten”. Eine Abrufmöglichkeit auf der eigenen Internetseite der Gesellschaft würde danach nicht genügen. Man könnte aber argumentieren, Facebook sei selbst ein Medium, dem die Gesellschaft zuleite. So sieht man es jetzt in den USA. Die US-Börsenbehörde SEC hat jüngst für zulässig erklärt, dass Unternehmen die gebotene Information über soziale Medien verbreiten, wenn der Zugang unbeschränkt und der Veröffentlichungsort bekannt ist (Release No. 69279 v. 2.4.2013): „We appreciate the value and prevalence of social media channels in contemporary market communications, and the Commission supports companies seeking new ways to communicate and engage with shareholders and the market.” Mittels „social media” werden die Informationen nicht nur europa‑, sondern weltweit publik. Dazu sollte sich nach dem Vorbild der SEC die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bald einmal äußern. S. dazu auch die Anmerkungen von Mutter/Kinne, AG 2013, R 117.
(Beitrag zuerst erschienen im Rechtsboard am 21.4.2013)
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