Die EU-Kommission hält offenbar nichts von weiteren Regelungen zur grenzüberschreitenden Satzungssitzverlegung und zu grenzübergreifenden Verschmelzungen. Zwei Konsultationen aus den Jahren 2013 und 2014 sind ohne sichtbares Ergebnis verlaufen. Der Stillstand missfällt Rechtspolitikern des Europäischen Parlaments. Erneut (zuvor schon 2012) wird aus dem Europäischen Parlament eine Initiative zu „Cross border mergers and divisions” gestartet. Der Rechtsausschuss (JURI) des Parlaments wird sich damit befassen. Am kommenden Dienstag (14.6.2016, 10.30 Uhr) findet ein Workshop mit Mitgliedern des Ausschusses statt. Jessica Schmidt spricht über: „Cross-border Mergers and divisions, transfers of seat: Is there a need to legislate?” — Die Sitzung ist im Internet aufgezeichnet.
Die Frage einer Sitzverlegungsrichtlinie, respektive eines grenzüberschreitenden Formwechsels als Satzungssitzverlegung scheint tatsächlich ein seit Jahren (oder sogar seit Jahrzehnten) leidliches Thema für die Europäische Kommission zu sein. Ob eine weitere Initiative des Parlaments da abhelfen kann, erscheint zweifelhaft. Die vom damaligen MEP Lehne angesprochene Möglichkeit, eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission anzustrengen, bewegt diese offenbar auch nicht sonderlich. Insgesamt macht es den Eindruck, dass die Intensität der Auseinandersetzung mit grenzüberschreitenden Strukturmaßnahmen nicht wenig mit der jeweiligen Grundhaltung des amtierenden Kommissars verbunden ist. Die mit Vera Jourová verbundenen Hoffnungen konnten sich jedoch bislang ebenfalls nicht bestätigen. Aber zumindest ist mit der Ausschreibung einer Studie zum Gesellschaftskollisionsrecht in Europa und den Arbeiten der informellen Expertengruppe etwas Schwung in die Sache gekommen. Aber auch hier stehen die Chancen insbesondere für eine neuen Richtlinienvorschlag, der sowohl Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel regelt, nicht sonderlich gut. Obwohl gerade die Durchführung eines grenzüberschreitenden Formwechsels in den letzen Jahren umfassend diskutiert wurde und noch zahlreiche praktische Probleme damit verbunden sind. Auf jeden Fall ist damit zu rechnen, dass die Kommission wohl erst die Entscheidung in der neuesten Vorlagefrage zum Herausformwechsel (anhängig unter Rs. C‑106/16 (Polbud-Wykonawstwo)) abwarten wird. Hoffentlich sieht man sich dann berufen, neue Initiativen vorzubringen. Erforderlich wäre es ohne Frage.