Viele haben in den letzten Wochen erstaunt-erfreut erfahren, dass eine Videokonferenz quick and easy läuft. Und vielleicht davon gehört, dass der Gesetzgeber jüngst die elektronische Beschlussfassung sehr erleichtert hat. Was also liegt näher, als mittels „Zoom“ (u.a.) zu konferieren und zu beschließen? Vorsicht Falle! Wenn morgen Streit um den Beschluss entbrennt, den man heute per Videokonferenz getroffen hat, kann es eine böse Überraschung geben.
Das COVID19‑G hat zwar für die GmbH bestimmt (Art. 2 § 2), dass man ohne Präsenztreffen per Textform beschließen kann (auch und gerade dann, wenn manche damit nicht einverstanden sind). Aber Textform heißt, es muss eine „lesbare Erklärung“ vorliegen, die auf einem „dauerhaften Datenträger“ gespeichert werden kann (§ 126b BGB). Das trifft für die E‑Mail zu und richtigerweise auch für eine speicherbare Chat-Nachricht. Aber eben nicht für die mündliche Erklärung, die bei einer Telefon- bzw. Videokonferenz ausgesprochen wird, selbst wenn diese aufgezeichnet wird. Wenn die Satzung dazu schweigt, gilt: nach wie vor keine Beschlüsse allein per Videokonferenz.
(Ergänzung: Man kann das Vorgenannte auch anders sehen, indem man die Videokonferenz flugs zur Gesellschafterversammlung erklärt – das ist allerdings sehr fragil, die hM macht das noch nicht mit. Auch nicht abgesichert ist die bei der Aktiengesellschaft mögliche Kombinationslösung: Versammlung und Zuschaltung; s. auch hier).
Bei großen Hauptversammlungen passt die Videokonferenz schon praktisch nicht. Doch was ist mit Aktiengesellschaften, die einen kleinen Aktionärskreis haben? Hier kommt die Kombination von Mini-Versammlung und Online in Betracht, nämlich dass der Vorstand eine volle Teilnahme „im Wege elektronischer Kommunikation“ eröffnet (Art. 2 § 1 I COVID19‑G, § 118 I 2 AktG) — dann passt auch die mündliche Erklärung oder Handaufheben oder sonst ein klares Zeichen. Oder der Vorstand beruft gleich eine virtuelle Hauptversammlung ganz ohne physisch präsente Aktionäre ein, was im Wesentlichen auf dasselbe hinausläuft, denn auch und gerade dort gibt es die Stimmrechtsausübung über die elektronische Teilnahme.
Festzuhalten bleibt, dass sich ein Wildwuchs entwickelt, wenn man die beiden Formen der Kapitalgesellschaften vergleicht. Die GmbH als „kleine Schwester“ hat Probleme mit der Videokonferenz, die Aktiengesellschaft bekommt das hin.
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