Das als „deutsche class action” angekündigte Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMUG) hat bald seinen ersten Praxistest erfolgreich überstanden.
Das Klageregister im elektronischen Bundesanzeiger nennt zwei laufende Verfahren: Bruno Kiefer ./. Deutsche Telekom AG (23 Sch 1/06 vor dem OLG Frankfurt) und Geltl ./. DaimlerChrysler AG (901 Kap 1/06 vor dem OLG Stuttgart).
Nun heißt es, dass das Stuttgarter Verfahren kurz vor dem Abschluss stehe. Spannend wird, ob tatsächlich die angekündigten Verfassungsbeschwerden der nur beigeladenen Geschädigten (wegen Verweigerung rechtlichen Gehörs, Art. 103 GG) bevorstehen, oder letztlich auch dieses Verfahren zur Zufriedenheit aller Beteiligten erledigt werden kann.
Ungelöst bleiben aber auch weiter die Schwierigkeiten bei der (noch immer ausschließlich individuell möglichen) Schadensfeststellung. Es bleibt also spannend, ob das im August 2005 verkündete Gesetz am 1. November 2010 außer Kraft treten wird, eine Verlängerung oder eine grundlegende Reform erfolgen wird.
Wie das Nachbarland Frankreich (wo erst vor einem Monat die Einführung von privaten Schadensersatzklagen abgelehnt wurde) tut sich Deutschland schwer mit der Einführung neuer kollektiver Rechtsverfolgungsmechanismen. Trotz des Bedarfs nicht nur im Kapitalmarkt‑, sondern auch im Kartell- und Verbraucherschutzrecht fehlen klare Linien. Weder die Gewinnabschöpfung im Wettbewerbrecht noch die partielle Konzentration im Wege eines kapitalmarktrechtlichen Musterverfahrens können letztlich eine effektive Abschreckung der Haftungsadressaten verwirklichen. Andererseits ist eine Abschreckung jedenfalls bislang regelmäßig auch durch staatliche Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden gewährleistet. Ob wirklich ein Bedürfnis nach einem „privaten Staatsanwalt” besteht, kann zu Recht angezweifelt werden.
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