In den Entscheidungen in Sachen Mangusta/Commerzbank I und II hat der Bundesgerichtshof sich erneut mit dem schwierigen Spannungsverhältnis zwischen der absolut geschützten Mitgliedschaft und den formalisierten Verfahren im Aktienrecht beschäftigt (vgl. zu diesem Problem schon Zöllner, ZGR 1988, S. 392, 428 ff.; K. Schmidt, JZ 1991, 157, 160 f.). Gegenstand der Verfahren war die Ausübung eines ordnungsgemäß eingeräumten genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss durch den Vorstand. Seit Siemens/Nold (BGHZ 136, 133) ist geklärt, dass vor der Ausübung eine Information der Aktionäre nicht erforderlich ist, sondern erst im Nachhinein auf der Hauptversammlung Bericht zu erstatten ist. Dies bestätigte der BGH erneut im für den Kläger erfolglosen Verfahren II ZR 148/03.
Kritisch zu hinterfragen ist jedoch die Parallelentscheidung im Verfahren II ZR 90/03, wonach der einzelne Aktionär eine Überprüfung der Ausübung des genehmigten Kapitals durch die allgemeine Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) erreichen kann. Sicherlich richtig ist es, dass die Beschlussanfechtungs- und Nichtigkeitsklage insoweit nicht einschlägig sind. Der BGH möchte die durch das genehmigte Kapital bewirkte Lockerung der präventiven Schranken bei der Erteilung der Ermächtigung durch eine angemessene, systemkonforme gerichtliche Kontrollmöglichkeit kompensieren, die er in der allgemeinen Feststellungsklage zu finden vermeint. Anküpfungspunkt ist insoweit das durch Art. 14 GG geschützte Mitgliedschaftsrecht. In der Tat ist weitgehend anerkannt, dass die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft bzw. einem Verein ein absolut geschütztes Rechtsgut ist und die vollständige Entziehung dieses Rechts deshalb Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB auslösen kann. Soweit hingegen nur einzelne Aspekte des Rechts betroffen sind, müssen diese als solche absoluten Rechtsschutz beanspruchen können, d.h. „zum Kernbereich der Mitgliedschaft“ gehören. Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit diese Rechte auch gegenüber dem Vorstand (und nicht nur gegenüber außenstehenden Dritten) geschützt sind. Insoweit wird nämlich nur in die relative Stellung des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft eingegriffen, für die vorrangiger spezieller Rechtsschutz durch die Möglichkeit einer Beschlussanfechtungsklage bzw. einer Schadensersatzhaftung im Innenverhältnis besteht. Rechtsgrundlage für eine Klage wäre insoweit möglicherweise § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag.
Im konkreten Fall war das Feststellungsinteresse jedoch fraglich. Generell kann man dieses zwar darauf stützen, dass der Vorstand im Zweifel gerichtlich festgestellte Rechtsverstöße unterlassen wird. Dieses „allgemeine Rechtstreueargument” ist allerdings bedenklich, da es stets eine Feststellungsklage als gleichwertige Alternative zur Leistungsklage rechtfertigen würde. Wenn (wie im entschiedenen Sachverhalt) die Kapitalerhöhung bereits eingetragen ist, hilft aber auch die Rechtstreue des Vorstands kaum weiter. Rechtliche Konsequenzen wird das Feststellungsurteil dann allenfalls insoweit erhalten, als in der Hauptversammlung die Entlastung des Vorstands verweigert wird bzw. Ersatzansprüche gegen ihn gemäß § 147 AktG geltend gemacht werden. Dafür ist das Feststellungsurteil jedoch keine Voraussetzung und noch nicht einmal eine Erleichterung — vielmehr ist dieser nachträgliche Schutz unabhängig von einer vorherigen Feststellung. Insgesamt widerspricht die Entscheidung daher klar der aktienrechtlichen Kompetenzverteilung, die gerade keine „actio pro socio” des einzelnen Anlegers vorsieht. Ein zwingendes Bedürfnis für die „schwache” Feststellungsklage lässt sich (anders als für Unterlassungsklagen) nicht erkennen.
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