Nicht wenige (börsenferne) Aktiengesellschaften existieren ohne Aktienurkunden; es erfolgt keine „Verbriefung” des Anteils, Papiere werden nicht ausgegeben. Namentlich bei kleinen Gesellschaften sind die Aktionäre zufrieden, wenn ihre Anteile vom Vorstand zuverlässig registriert werden, eine eigene Papierverwaltung wäre nur lästig. Kommt es zu einem Aktionärswechsel, wird das Aktienregister auf Mitteilung und Nachweis (Erklärungen von Alt- und Neuaktionär) hin entsprechend berichtigt. Wer im Register der Gesellschaft steht, gilt ihr gegenüber als Aktionär (§ 67 Abs. 2 AktG). Alles in Ordnung, nur nicht für manche Interpreten des Aktiengesetzes. So kann man lesen, § 67 Abs. 2 AktG gelte nicht „für unverkörperte Mitgliedschaften, und zwar auch dann nicht, wenn später Namensaktien ausgegeben werden” (Lutter/Drygala, Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2009, Anh. § 68 Rn. 4).
Aber warum sollen die Wirkungen eines Registers zwangsweise mit der Existenz von Urkunden verbunden sein? Wer jetzt sagt, wegen des Nachweises, dem ist zu antworten, dass bei einer Globalurkunde (§ 10 Abs. 5 AktG) ebenfalls keine körperliche Präsentation möglich ist. Noch weitreichender kann man fragen, ob es überhaupt Namensaktien gibt, wenn keine entsprechenden Urkunden existieren; immerhin formuliert das Gesetz, in der Satzung sei anzugeben, „ob die Aktien auf den Inhaber oder auf den Namen ausgestellt werden” (§ 23 Abs. 2 Nr. 5 AktG). Das „ausstellen” deutet auf einen wertpapierrechtlichen Vorgang. Man sollte aber nicht an diesem Begriffe haften, zumal die neuere Entwicklung das herkömmliche Verständnis der Aktie als Wertpapier deutlich zurückgedrängt hat (s. Mülbert, Die Aktie zwischen mitgliedschafts- und wertpapierrechtlichen Vorstellungen, FS Nobbe, 2009, S. 691 ff). Die Festlegung in der Satzung, dass die Anteile Namensaktien sind, kann auch als Wahl des damit verbundenen besonderen Rechtsregimes gesehen werden (u.a. Vinkulierungsmöglichkeit, Entsenderecht zum Aufsichtsrat).
Wenn es im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2011 tatsächlich dazu kommt, dass die Namensaktie für nichtbörsennotierte Gesellschaften als einzige Aktienart zugelassen wird, sollten auch die hier aufgeworfenen Streitfragen vom Gesetzgeber entschieden werden. — Zum Thema s. Noack, Globalurkunde und unverkörperte Mitgliedschaften bei der kleinen Aktiengesellschaft, FS Wiedemann, 2002, S. 1141 ff.
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