Ausblick HV-Saison 2015

Mein Gruß­wort zur Son­der­aus­gabe HV-Recht 2015 (HV-Maga­zin): Die Haupt­ver­samm­lungs­sai­son 2015 wird keine gesetz­ge­be­ri­schen Neue­run­gen ver­ar­bei­ten müs­sen. Seit etwa 5 Jah­ren steht die Legis­la­tive auf die­sem Gebiet still, wäh­rend im Jahr­zehnt davor fast eine Hyper­ak­ti­vi­tät herrschte. Eine seit 2011 ange­kün­digte Akti­en­rechts­no­velle mit klei­ne­ren Repa­ra­tu­ren und Klar­stel­lun­gen zum HV-Ablauf lässt immer noch auf sich war­ten. Nach dem neu vor­ge­leg­ten Regie­rungs­ent­wurf (Januar 2015) ist etwa ein Record Date auch für Namens­ak­tien geplant. Das Quo­ten­ge­setz für die Auf­sichts­räte bör­sen­no­tier­ten und voll mit­be­stimm­ter Gesell­schaf­ten wird vor­aus­sicht­lich im ers­ten Halb­jahr ver­ab­schie­det wer­den. Damit betrifft es die HV 2015 noch nicht, gleich­wohl wirft es in der Sache seine Schat­ten voraus. 

Große Ver­än­de­run­gen zeich­nen sich ab, wenn man auf die Pläne der EU-Kom­mis­sion blickt. Die Revi­sion der Aktio­närs­rech­te­richt­li­nie sieht vor, dass die HV ver­bind­lich über das Vor­stands-Ver­gü­tungs­mo­dell abstimmt. Die Stimm­rechts­be­ra­ter wer­den einer Teil­re­gu­lie­rung unter­zo­gen. Außer­dem soll die HV geschäft­li­che Trans­ak­tio­nen votie­ren, die mit sog. nahe­ste­hen­den Unter­neh­men und Per­so­nen abge­wi­ckelt wer­den. Das geht weit über die Holz­mül­ler-Grund­sätze der BGH-Recht­spre­chung hin­aus. In Zukunft wäre mit viel mehr außer­or­dent­li­chen Haupt­ver­samm­lun­gen zu rech­nen. Die Kri­tik daran nament­lich aus Deutsch­land scheint in Brüs­sel zu wir­ken; wie man hört, soll eine geän­derte Ver­sion des Richt­li­ni­en­ent­wurfs vor­ge­legt wer­den. Vor 2018 ist sowieso kein Inkraft­tre­ten eines Umset­zungs­ge­set­zes zu erwar­ten, wes­halb noch kein Hand­lungs­druck besteht. 

Die Recht­spre­chung des BGH hat im Herbst 2014 ein Grund­satz­ur­teil zur Frage HV im Aus­land” gefällt. Der II. Zivil­se­nat sagt: ja, aber. Grund­sätz­lich kann die Sat­zung einen Ort im Aus­land bestim­men, jedoch muss die­ser Ort für die Aktio­näre zumut­bar sein. Was heißt das? Was nicht geht, ist dem Vor­stand die Aus­wahl zu über­las­sen. Die Aktio­näre sol­len wis­sen, auf wel­chen Ort sie sich ein­zu­stel­len haben und die Anreise dort­hin darf nicht wesent­lich kom­pli­zier­ter sein als ein inner­deut­scher Trip. 

Die HV wird also im (nahen) Aus­land statt­fin­den kön­nen, sie wird wich­tige wei­tere Kom­pe­ten­zen durch die EU-Richt­li­nie gewin­nen. Das hatte man sich vor 50 Jah­ren so nicht gedacht: 1965 wurde das Akti­en­ge­setz ver­ab­schie­det, es fei­ert 2015 also einen respek­ta­blen run­den Geburts­tag. Die HV war als Organ der Gewal­ten­tei­lung mit fes­ten Zustän­dig­kei­ten kon­zi­piert, die ein­mal im Jahr am Sitz der Gesell­schaft als Prä­senz­ver­an­stal­tung abzu­hal­ten war. Noch weni­ger war für die dama­li­gen Geset­zes­ver­fas­ser vor­stell­bar, dass Aktio­näre an der HV im Wege elek­tro­ni­scher Kom­mu­ni­ka­tion” 118 AktG) teil­neh­men. Diese Ent­wick­lun­gen spie­geln sowohl die Inter­na­tio­na­li­sie­rung des Aktio­na­ri­ats als auch eine rasante Digitalisierung. 

Nach einem hal­ben Jahr­hun­dert AktG 1965 kann man für die HV fest­stel­len, dass sie mit Blick auf bör­sen­no­tierte Gesell­schaf­ten von ihren drei Funk­tio­nen (Infor­ma­tion-Kom­mu­ni­ka­tion-Ent­schei­dung) nur eine wirk­lich behaup­tet hat. Die Infor­ma­tion wird durch das Kapi­tal­markt­recht vor­greif­lich gere­gelt, von Kom­mu­ni­ka­tion kann bei dem Ritual einer Publi­kums-HV nicht ernst­haft die Rede sein. Und für die Ent­schei­dung durch Beschluss gilt: Um die neue Rolle der HV sach­ge­recht wahr­zu­neh­men, ist von den Inter­net-Optio­nen mehr Gebrauch zu machen. Dafür hat die der­zeit ruhende Gesetz­ge­bung den hal­ben Weg in das Neu­land immer­hin bereitet.”

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