Der BGH hat im Urteil v. 15.1.2007 (II ZR 245/05) seine Rechtsprechung zum Bestimmtheitsgrundsatz geändert. Die Feststellung des Jahresabschlusses kann in einer Personengesellschaft mit Mehrheit beschlossen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag eine allgemeine Mehrheitsklausel enthält. Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nicht eine Benennung dieses konkreten Beschlussgegenstandes.
Der Bestimmtheitsgrundsatz beschränkt den Anwendungsbereich allgemeiner Mehrheitsklauseln auf „gewöhnliche” Beschlussgegenstände. Im Gegensatz dazu stehen Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen. Der Senat stellt klar, dass die Einstufung der Bilanzfeststellung als „Grundlagengeschäft“ nur eine negative Abgrenzung gegenüber Akten der Geschäftsführung ist, welche in die alleinige Kompetenz der geschäftsführenden Gesellschafter bzw. — in einer KG — der Komplementäre (§ 164 HGB) fallen. Der Bilanzbeschluss berührt jedoch nicht — wie vor allem eine Vertragsänderung — die Grundlagen der Gesellschaft, sondern betrifft eine den Gesellschaftern obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung. Ob diese Angelegenheit einstimmig oder mehrheitlich geordnet wird, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Die dort zu findende Mehrheitsklausel muss die betroffenen Beschlussgegenstände nicht „minutiös auflisten“. Das würde — so der Senat — den Bestimmtheitsgrundsatz, der eine Verankerung der Mehrheitsmacht im Gesellschaftsvertrag nur als Eingangsvoraussetzung für die Gültigkeit einer Mehrheitsentscheidung verlangt, zu einer Förmelei denaturieren. Es genüge vielmehr, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag — sei es auch durch dessen Auslegung — eindeutig ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.
Die Doktrin von BGHZ 132, 263, 268, wonach Art und Umfang des Eingriffs erkennbar sein müsse, wird ausdrücklich aufgegeben: „Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, wie die Feststellung bzw. Verbindlicherklärung des Jahresabschlusses als solche nach Art und Ausmaß vorab im Gesellschaftsvertrag sollte quantifiziert werden können.”
Jetzt muss geklärt werden, ob der Bestimmtheitsgrundsatz überhaupt noch einen Anwendungsbereich hat — oder ob der Minderheitenschutz der Sache nach auf einer (vom BGH angedeuteten) materiellen Ebene stattfindet: es finde eine „Beschlusskontrolle” dahin statt, ob ein unzulässiger Eingriff in Gesellschafterrechte vorliegt (wobei schlechthin unverzichtbare und relativ unentziehbare Rechte zu unterscheiden sind).
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