Die Stiftung Familienunternehmen hat soeben ein verfassungsrechtliches Gutachten veröffentlicht über „Die Geschlechterquote für die Privatwirtschaft — zum Referentenentwurf des Bundesjustiz- und Bundesfamilienministeriums”. Der Verfasser ist Prof. Dr. Kay Windthorst von der Universität Bayreuth. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die geplante starre 30%-Quote unangemessen sein kann und gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann. Das könne durch eine Härteklausel vermieden werden. Sie habe sich insbesondere zu beziehen auf „Familienunternehmen, bei denen die Geschlechterquote zur Konsequenz haben kann, dass das Letztentscheidungsrecht der Familiengesellschafter im Aufsichtsrat entfällt oder erheblich beeinträchtigt wird. Eine Unangemessenheit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Quote dazu führt, dass ein Unternehmen wegen des Verlustes der Einwirkungsrechte der Familiengesellschafter seinen Status als Familienunternehmen einbüßt.” …
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„Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst“ (Leitlinien)
Das BMJV hat heute „Leitlinien für das Gesetzgebungsverfahren” zur Geschlechterquote vorgestellt. Zunächst werden die „Vorgaben im Koalitionsvertrag” wiederholt (s. dazu hier). Dann folgen Vorstellungen dazu, wie die Quote umgesetzt werden soll. Es wird jeweils nach Anteilseigner- und Arbeitnehmerbank quotiert (letzteres ist offenbar ein Problem für Gewerkschaften). Bei Nichteinhaltung der Quote sollen die „für das minderrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze rechtlich unbesetzt bleiben (so. leerer Stuhl).” Zum Anwendungsbereich wird gesagt, es „handelt sich ausschließlich um Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA).” Da kommt aber noch die SE hinzu … .
Die Leitlinien bringen gegenüber den Ankündigungen nichts Neues. Sie erscheinen als Ausdruck der rechtspolitischen und rechtstechnischen Problematik, einen Referentenentwurf wie angekündigt…
WeiterlesenFehlerhafte Aufsichtsratswahl: gesetzliche Regelung?
Sollte es eine gesetzliche Regelung für den Fall geben, dass eine Aufsichtsratswahl gerichtlich angegriffen wird? Mit dieser Frage hat sich am 27.2.2014 der Berliner Kreis zum Gesellschaftsrecht (s.u.) befasst. Anlass war das IKB-Urteil des BGH v. 19.2.2013 (II ZR 56/12), das grundsätzlich von einem rückwirkenden Amtsverlust ausgeht. Ein Teil der Diskutanten war der Auffassung, ein dringendes Regelungsbedürfnis bestehe nicht. Sehr selten werde der gesamte Aufsichtsrat neu und fehlerhaft bestellt, knappe Entscheidungen in Aufsichtsräten seien nicht üblich, die Handlungsfähigkeit sei somit in der Regel gegeben, mit den vom BGH gezeigten Ausnahmen könne man arbeiten. Ein anderer Teil sprach sich für ein Eingreifen des Gesetzgebers aus. Insoweit war man sich …
WeiterlesenErheischt „anonymes Kapital“ die Montan-Mitbestimmung?
Das Mitbestimmungsgesetz möge in Richtung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes verändert werden. Dies hat der Bundestagspräsident Lammert (CDU) auf einer DGB-Veranstaltung angeregt (FAZ v. 13.2.2014). Dann würde das doppelte Stimmrecht des (letztlich von der Aktionärsseite gestellten) Aufsichtsrats-Vorsitzenden gestrichen. Es käme in Patt-Situationen auf das „weitere Mitglied” an, das auch als neutrale Person bezeichnet wird. An dem Vorstoß ist bemerkenswert, dass es dazu weder im Koalitionsvertrag noch im Wahlprogramm der Partei, welcher der Vorschlagende angehört, eine Aussage gibt. Daher mag man ihn als lediglich rhetorischen Versuchsballon ansehen. Hier interessiert die Begründung, mit der die „verfassungsrechtlichen Bedenken” vom Bundestagspräsidenten erkannt und abgetan wurden. Erkannt wurde, dass Eigentümerrechte arg eingeschränkt werden. Aber, so …
Weiterlesen„Der Mythos der segensreichen Frauenquote“ (FAZ)
Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Lüder Gerken in der FAZ v. 18.11.2013, dem ich in allem zustimme:
Theorie: „Unternehmen stehen auch auf der Inputfaktorseite im Wettbewerb: Sie konkurrieren um Arbeitskräfte und Kapital. Gerade börsennotierte Kapitalgesellschaften … müssen ihre Leistungsfähigkeit kontinuierlich unter Beweis stellen, um nicht von den Kapitalanlegern abgestraft zu werden. Dies verlangt von ihnen, die besten Führungskräfte einzustellen — unabhängig vom Geschlecht.”
Praxis: „Die erwähnten und weitere Studien zeigen nur eines: Empirisch lässt sich nicht belegen, dass Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil in den Führungsetagen erfolgreicher seien.”
Politik: „Warum maßt sich die Politik an, die Aufsichtsräte umzumodeln? Das finanzielle Desaster der staatlichen Landesbanken war möglich, weil in deren Aufsichtsräten …
WeiterlesenFehlerhafte AR-Wahl: ein Gesetzesvorschlag
Das Urteil des BGH v. 19.2.2013, II ZR 56/12 (IKB), wonach bei erfolgreicher Anfechtung der Wahl eines Aufsichtsrats die Bestellung grundsätzlich rückwirkend entfällt, führt zu anhaltenden Diskussionen. Für Haftung, Pflichten und Vergütung soll die Rückwirkung nicht gelten, aber und vor allem für die Stimmabgabe im AR. Die h.M. in der Literatur favorisiert dagegen eine Lösung über die Lehre vom fehlerhaften Organ. Eingehend dazu jetzt Kiefner im Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2013, § 252 Rn. 11 ff. Aus der verfahrenen Lage wird man ohne den Gesetzgeber nicht mehr herauskommen. Wie verschiedentlich zu hören ist, gibt es wohl eine Bereitschaft zu solchen „Randkorrekturen”.
Daher sei nachfolgend …
WeiterlesenDer Aufsichtsratsvorsitzende kann nicht „ruhen“
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Bayern München Aktiengesellschaft solle sein Amt „ruhen” lassen, bis über dessen Steuerangelegenheit entschieden sei. So berichten Medien (z.B. hier) über Erwägungen aus dem Aufsichtsrat der Gesellschaft.
Aber ein „Ruhenlassen” kennt das Aktiengesetz nicht.
Der Aufsichtsrat (AR) hat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden zu bestimmen (§ 107 I 1 AktG). Er kann ihn auch wieder abberufen. Ein mit der erforderlichen Mehrheit gefasster Abberufungsbeschluss ist sofort wirksam (entsprechend § 84 III 4 AktG). Die abberufene Person bleibt AR-Mitglied, aber eben nicht mehr als Vorsitzender.
Der AR-Vorsitzende kann jederzeit und unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes sein Amt niederlegen, ohne damit aus dem AR ausscheiden zu müssen (Mertens/Cahn…
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