Fehlerhafte Aufsichtsratswahl: gesetzliche Regelung?

Sollte es eine gesetz­li­che Rege­lung für den Fall geben, dass eine Auf­sichts­rats­wahl gericht­lich ange­grif­fen wird? Mit die­ser Frage hat sich am 27.2.2014 der Ber­li­ner Kreis zum Gesell­schafts­recht (s.u.) befasst. Anlass war das IKB-Urteil des BGH v. 19.2.2013 (II ZR 56/12), das grund­sätz­lich von einem rück­wir­ken­den Amts­ver­lust aus­geht. Ein Teil der Dis­ku­tan­ten war der Auf­fas­sung, ein drin­gen­des Rege­lungs­be­dürf­nis bestehe nicht. Sehr sel­ten werde der gesamte Auf­sichts­rat neu und feh­ler­haft bestellt, knappe Ent­schei­dun­gen in Auf­sichts­rä­ten seien nicht üblich, die Hand­lungs­fä­hig­keit sei somit in der Regel gege­ben, mit den vom BGH gezeig­ten Aus­nah­men könne man arbei­ten. Ein ande­rer Teil sprach sich für ein Ein­grei­fen des Gesetz­ge­bers aus. Inso­weit war man sich einig, dass auf eine ganz große Lösung (Reform des gesam­ten Beschluss­män­gel­rechts) nicht gewar­tet wer­den könne, zumal diese Gene­ral­über­ho­lung in den nächs­ten Jah­ren nicht zu erwar­ten ist. 

Eine mög­li­che Fest­schrei­bung, wonach das AR-Amt immer ex nunc” mit Rechts­kraft des Urteils ende wurde ebenso wie die Rück­wir­kungs­lö­sung des BGH („ex tunc”) kri­tisch gese­hen. Der Refe­rent Tim Dry­gala sprach sich auf der Grund­lage der ex tunc-Dok­trin für eine gericht­li­che Zwi­schen­ent­schei­dung aus, die nach dem Vor­bild des Frei­ga­be­ver­fah­rens den Sta­tus des betrof­fe­nen AR-Mit­glieds vor­läu­fig klärt. Eben­falls für ein gericht­li­ches Zwi­schen­ver­fah­ren plä­dierte der Refe­rent Chris­tian Geh­ling, aller­dings von Sei­ten der ex nunc-Lösung her. Wer die auf­schie­bende Wir­kung sei­ner Klage anstrebe, müsse das Gericht in einem Eil­ver­fah­ren über­zeu­gen, dass ein Amtie­ren des AR-Mit­glieds bis zum recht­kräf­ti­gen Urteil nicht in Betracht komme. Dann rücke ggf. das Ersatz­mit­glied in den AR ein. Die Modelle für Zwi­schen­ver­fah­ren wur­den in der Dis­kus­sion von etli­chen Teil­neh­mern als zu kom­pli­ziert und vor allem als sys­tem­frem­den Aus­bau einer Son­der­ent­wick­lung kritisiert. 

Im Felde der klei­nen” Lösun­gen wur­den ver­schie­dene Optio­nen erör­tert. Eine gesetz­li­che Rege­lung, dass Prü­ferbe­stel­lung und Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses auch bei ange­foch­te­ner AR-Amts­stel­lung bestands­kräf­tig sind, wurde als hilf­reich bezeich­net. Eine ein­ge­hende Wür­di­gung fand der Vor­schlag, die gericht­li­che Ersatz­be­stel­lung nach § 104 AktG auf den Fall zu erstre­cken, dass die Mit­glied­schaft einer Per­son im Auf­sichts­rat umstrit­ten ist. Aller­dings wurde ein­ge­wandt, das Amts­ge­richt sei mit Prü­fung und Ent­schei­dung gerade die­ser Frage überfordert. 

Der Ber­li­ner Kreis zum Gesell­schafts­recht trifft sich seit Mitte des vori­gen Jahr­zehnts, um mit Prof. Dr. Ulrich Sei­bert (BMJV) einen fach­li­chen Mei­nungs­aus­tausch zu pfle­gen. Dem infor­mel­len Kreis gehö­ren Hoch­schul­leh­rer, Rechts­an­wälte und Unter­neh­mens­ju­ris­ten an. 

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