Soeben erschienen ist das sehr informative Sonderheft „HV-Recht 2011″ (PDF, 6 MB) des HV-Magazins. Praktiker aus Anwaltschaft und Unternehmen befassen sich mit den Aufgaben „vor der HV”, „während der HV” und „nach der HV” sowie den „Neuerungen 2011”. Interessant etwa der Bericht aus der Allianz SE (v. Nussbaum) zur erstmaligen Nutzung der Briefwahl (7 600 Aktionäre) und aus der Münchener Rückversicherungs AG (Mörlein/Balling) zur Online-Teilnahme (30 Aktionäre). Die beiden Gesellschaften waren Pioniere im vergangenen Jahr; in diesen Tagen folg(t)en Thyssen-Krupp und Siemens, bei denen erstmals per Brief (=Internetformular) abgestimmt wird.
Aus dem „Grußwort” (Noack): „Bei zunehmender Popularität der Briefwahl wird der Paradigmenwechsel offenkundig. Bei dieser Abstimmungsart kann man gewiss nicht mehr die romantische Vorstellung hegen, die Beschlüsse der Aktionäre würden aus dem Inbegriff der Verhandlungen auf der HV erwachsen. Das wird schlagend deutlich, wenn in Zukunft die Mehrheit für den Beschlussantrag schon mit dem Kontingent an Briefstimmen erreicht wird. Wozu dann noch eine Hauptversammlung? Die Frage zielt auf die Rechtskonstruktion dieser als Zusammenkunft des Aktionariats gedachten Veranstaltung – ihre Öffentlichkeitswirkung für den Vorstand und einige Aktionärsredner ist unbestritten. Die dem Aktionärstreffen seit dem vorvorigen Jahrhundert zugeschriebenen drei Funktionen (Information-Kommunikation-Entscheidung) sind im 21.Jahrhundert vom „Präsenzbereich” weithin gelöst. Das ist für die Information angesichts der modernen Kapitalmarktregeln offensichtlich und nun geschieht dasselbe mit der Entscheidung durch Stimmabgabe, die außerhalb der Versammlung geschehen kann. Angesichts dessen hängt die Kommunikationsfunktion quasi in der Luft; sie ist wieder auf Augenhöhe zu bringen und die Aktionäre sind in ein wirkliches Aktionärsforum einzubinden. Die Online-Teilnahme an der HV, die derzeit kaum ein Thema ist, kann das Defizit nicht kompensieren. Sie ist vom Gesetzgeber an der Präsenzveranstaltung orientiert worden, die ihrerseits zunehmend funktionslos wird. Möglicherweise läuft es wie bei den Automobilen: In diesem Jahrzehnt wird ein Hybridmodell gefahren. Ob sich am Ende hier wie dort die E‑Variante durchsetzt?”
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