Kölner Kommentar zum AktG: §§ 67 – 75 AktG

Im Februar ist eine wei­tere Teil­lie­fe­rung der 3. Auf­lage des Köl­ner Kom­men­tar zum Akti­en­ge­setz erschie­nen. Kom­men­ta­to­ren der §§ 67 – 75 AktG: Mar­cus Lut­ter (Bonn) und Tim Dry­gala (Leip­zig). Das Werk nimmt auch Stel­lung zu Rechts­ent­wick­lun­gen im Bereich der sog. Finanz­in­ves­to­ren. Durch das Risi­ko­be­gren­zungs­ge­setz 2008 und die refor­mierte EU-Kapi­tal­richt­li­nie (2006) sind neue nor­ma­tive bzw. optio­nale Vor­ga­ben entstanden. 

Zur Neu­fas­sung des § 67 AktG durch das sagen die Autoren (§ 67 Rn. 2): 

Die Ände­run­gen die­nen dem Zweck, der Gesell­schaft einen bes­se­ren Über­blick über die tat­säch­li­chen Betei­li­gungs­ver­hält­nisse zu ver­schaf­fen. Denn das Risiko, das durch das Gesetz begrenzt wer­den soll, ist das der Betei­li­gung von Finanz­in­ves­to­ren (pri­vate equity Gesell­schaf­ten und Hedge Fonds). Gegen­über die­sen Inves­to­ren wird von poli­ti­scher Seite (sog. Heu­schre­cken – Debatte), aber auch von ver­ein­zel­ten Stim­men aus der Wis­sen­schaft, teils mit, teils ohne tat­säch­li­chen Beleg der Vor­wurf erho­ben, dass sie Betei­li­gun­gen ein­ge­hen und den dar­aus ent­ste­hen­den Ein­fluss auf das Unter­neh­men nut­zen, um Ver­mö­gens­werte aus dem Unter­neh­men abzu­zie­hen und sich ohne Rück­sicht auf Belange ande­rer Inter­es­sen­grup­pen zu Las­ten des Unter­neh­mens berei­chern wer­den. Dar­aus könne auch ein Scha­den für die Volks­wirt­schaft ins­ge­samt ent­ste­hen, wodurch sich der Gesetz­ge­ber zum Han­deln auf­ge­ru­fen sah. Des­halb soll es der Akti­en­ge­sell­schaft (genauer gesagt: deren Vor­stand) durch die Ände­run­gen des § 67 ermög­licht wer­den, eine Betei­li­gung von Finanz­in­ves­to­ren früh­zei­tig zu ent­de­cken. Erschwert wer­den soll ins­be­son­dere das so genannte Anschlei­chen an die Gesell­schaft, also die Ein­ge­hung von Betei­li­gun­gen unter­halb der kapi­tal­markt­recht­li­chen Mel­de­schwel­len, die aber durch­aus bereits ein Ein­fluss­po­ten­tial in der Gesell­schaft eröff­nen und eine Über­nahme vor­be­rei­ten kön­nen, vor allem, wenn meh­rere Inves­to­ren zusam­men­wir­ken oder wenn, wie der Fall Schaeffler/​Continental gezeigt hat, die direkte Betei­li­gung durch die mit­tel­bare Kon­trolle wei­te­rer Aktien unter Ein­satz von Deri­va­ten ver­stärkt wird. Kann der Vor­stand den Auf­bau einer sol­chen Posi­tion erken­nen, kann er bei­zei­ten über geeig­nete Gegen­maß­nah­men nach­den­ken. Die Ände­run­gen des § 67 ste­hen damit im Zusam­men­hang mit Bestre­bun­gen, die Über­nahme von Akti­en­ge­sell­schaf­ten ins­ge­samt, aber auch die Beein­flus­sung der Vor­stands­tä­tig­keit durch Finanz­in­ves­to­ren ein Stück weit zu erschweren.” 

Über das Ver­bot der finan­zi­el­len Unter­stüt­zung beim Akti­en­er­werb 71a AktG), das nach der refor­mier­ten Kapi­tal­richt­li­nie optio­nal gelo­ckert wer­den könnte, urtei­len die Ver­fas­ser (§ 71a Rn. 16): 

In den Staa­ten, die den Buy­out breit­flä­chig zulas­sen, (las­sen sich) gesamt­wirt­schaft­li­che Schä­den nicht fest­stel­len. Das lässt dar­auf schlie­ßen, dass die zwei­fel­los vor­kom­men­den Schä­den durch Insol­ven­zen durch ander­wei­tige öko­no­mi­sche Vor­teile kom­pen­siert wer­den. Jeden­falls spricht eini­ges dafür, die Norm nicht über­mä­ßig streng aus­zu­le­gen, sofern diese Frage nicht abschlie­ßend geklärt ist. Zudem ist zu beach­ten, dass den beschrie­be­nen Risi­ken nur par­ti­ell durch § 71a begeg­net wer­den kann. Dass die Norm kre­dit­fi­nan­zierte Über­nah­men letzt­lich nicht ver­hin­dern kann, lehrt der Blick in den Wirt­schafts­teil der Tages­zei­tung: Diese sind viel­mehr im Geschäft der Pri­vate- Equity-Gesell­schaf­ten täg­li­che Rea­li­tät und Finan­zie­rungs­mo­dell einer gan­zen Bran­che. Es ist daher über­trie­ben, die Norm als eine legis­la­to­ri­sche Grund­satz­ent­schei­dung gegen die Zuläs­sig­keit von Lever­aged Buy­outs zu inter­pre­tie­ren. Die Norm ver­hin­dert ledig­lich, dass der Vor­stand dem Über­nah­me­in­ter­es­sen­ten schon vor der Über­nahme bin­dende Finan­zie­rungs­zu­sa­gen macht, und sie erschwert nach der Über­nahme die Ent­nahme von Mit­teln dadurch, dass dafür ent­we­der der Abschluss eines Beherr­schungs­ver­tra­ges oder die Ver­schmel­zung der über­nom­me­nen Gesell­schaft auf den Käu­fer erfor­der­lich sind. Beide Mög­lich­kei­ten kann man nicht aus­schlie­ßen, ohne den Erwer­ber einer AG über­mä­ßig in sei­ner Dis­po­si­ti­ons­frei­heit ein­zu­schrän­ken. Dann aber beschränkt sich die Funk­tion des § 71a in Über­nah­me­sach­ver­hal­ten dar­auf, die Zugriffs­schwelle auf das Ver­mö­gen der AG auf das Maß anzu­he­ben, das für den Abschluss eines Beherr­schungs­ver­tra­ges oder die Durch­set­zung einer Ver­schmel­zung erfor­der­lich ist. Es trifft daher nicht zu, dass die Über­nahme der Gesell­schaft gene­rell nicht mit deren Mit­teln finan­ziert wer­den dürfte. Der Zweck des § 71a liegt viel­mehr darin, dass der Vor­stand über sol­che Maß­nah­men nicht ohne Betei­li­gung der Haupt­ver­samm­lung ent­schei­den kann. Zudem sind in Gestalt der Ver­lust­aus­gleichs­pflicht im Ver­trags­kon­zern (§ 302 AktG) und der Gesamt­rechts­nach­folge bei der Ver­schmel­zung wei­tere Siche­rungs­me­cha­nis­men zum Schutz der Gläu­bi­ger vor­ge­se­hen. Die­ser ein­ge­schränkte Norm­zweck ist bei der nach­fol­gen­den Aus­le­gung der Norm zu berücksichtigen.”

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