Der Aufsichtsrat tagt hinter verschlossener Tür. Aber dieser eherne Grundsatz des Gesellschaftsrechts (§ 109 AktG) gerät bei staatlichen bzw. kommunalen
Unternehmen in Konflikt mit dem politischen Bedürfnis nach Öffentlichkeit. Hier schwelt schon lange ein Streit zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der kommunalrechtlichen Konzeption einer „good governance”. Denn was macht es für einen Unterschied mit Blick auf das Bürgerinteresse, ob das Stadtbad als Eigenbetrieb organisiert ist oder eine städtische GmbH der Träger ist? Im ersten Fall wird darüber im Gemeinderat öffentlich verhandelt, im zweiten Fall wird der Aufsichtsrat bislang nichtöffentlich tagen – doch damit könnte bald Schluss sein, wenn die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Aktienrechtsnovelle zum Gesetz wird. Der Koalitionsvertrag hatte zum Regierungsprogramm erhoben, der „Grundsatz der Öffentlichkeit bei kommunalen …
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Bundesjustizministerin zu unternehmensrechtlichen Vorhaben
Die Justizministerin wird in der heutigen FAZ von J. Jahn wie folgt zitiert: Die bisher kaum genutzte Möglichkeit zur Eigenverwaltung solle erleichtert werden. Auch eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern soll gefördert werden, etwa durch einen Vollstreckungsschutz. Mehr Einfluss dürften die Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters bekommen, damit sie wissen, „mit wem sie sich auf die Reise begeben”. Verhindert werden soll, dass mehrere Insolvenzverwalter im selben Konzern unkoordiniert ans Werk gehen. Das „Blockadepotential” einzelner Forderungsinhaber, etwa bei der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital soll beseitigt werden.
Zu weiteren Vorhaben heißt es in der FAZ: „Eine schärfere Managerhaftung … soll sich nach dem Willen der Ministerin hingegen auf eine Verlängerung der zivilrechtlichen …
WeiterlesenZGR-Symposion 2010
Das ZGR-Symposion 2010 mit ca. 90 Teilnehmern aus Wissenschaft, BGH, Anwaltschaft und Unternehmen befasste sich mit den Themen „Aufsichtsrechtliche Einflüsse auf das Gesellschaftsrecht” sowie „Reform der Unternehmensrestrukturierung”. Das Verhältnis Gesellschaftsrecht-Insolvenzrecht stand im Mittelpunkt des ersten (langen!) Tages. Dabei ging es insbesondere um die Rechtsstellung der Anteilsinhaber in der Insolvenz. Prof. Dr. Verse (Osnabrück) plädierte de lege ferenda für deren Einbeziehung in das Insolvenzplanverfahren (dazu schon Noack, FS Zöllner, 1999, S. 411), Dr. Schuster (Freshfields) entwickelte Vorstellungen für ein sanierungsfreundliches Gesellschaftsrecht. Prof. Dr. Bitter wollte die Anteile schon nach geltendem Recht zur Verwertung durch den Insolvenzverwalter freigeben (Aufopferungsgedanke, Sicherungstreuhand). Prof. Dr. Hirte trat für einen grundlegenden Perspektivenwechsel des regulatorischen Ansatzes ein: In …
WeiterlesenKoalitionsvereinbarung 2009 – 2013: die unternehmensrechtlichen Vorhaben
Die unternehmensrechtlichen Vorhaben der neuen Koalition nach dem Entwurf eines Koalitionsvertrags (im Folgenden nicht berücksichtigt: steuerrechtliche, arbeits- und aufsichtsrechtliche Pläne):
1. Gesellschaftsrecht
- „(Es) sind die jüngsten Gesetzesanpassungen zur Haftung und Vergütung weiter zu entwickeln. (728, 729)
- Wir unterstützen die Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit. Wir werden das Mitspracherecht der Hauptversammlung bei der Festlegung der Eckpunkte von Vorstandsvergütungen stärken. Wir wollen eine Mindestwartefrist von zwei Jahren für ehemalige Vorstandsvorsitzende beim Wechsel zum Aufsichtsratsvorsitzenden desselben börsennotierten Unternehmens – dabei sind allerdings die Besonderheiten von Familienunternehmen zu berücksichtigen. (744−749)
- Entsprechend den Grundsätzen der Unternehmensführung (Corporate Governance Codex) werden wir in Gespräche über die Größe von Aufsichtsräten eintreten. Darüber hinaus soll neben Aufsichtsräten und Vorständen auch ein Ehrenkodex
Die Rückkehr des KapInHaG?
(Michael Beurskens, LL.M. (University of Chicago), LL.M. (Düsseldorf))
Nachdem das als Diskussionsentwurf im Jahr 2004 kurz aufgetauchte Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz nach enormem Protest aus Wissenschaft und Industrie innerhalb kürzester Zeit wieder in der Schublade verschwand, und auch trotz entsprechender Diskussion im Koalitionsvertrag keine entsprechenden Pläne fixiert wurden, nehmen Aktionärsverbände die IKB-Krise zum Anlass für erneute Forderungen nach einem derartigen Gesetz.
Ob dies wirklich sinnvoll ist, mag aber zu Recht bezweifelt werden. Nicht ohne Grund hält die Rechtsprechung an ihren strengen Beweisanforderungen fest, zuletzt in zwei BGH-Urteilen vom 4. Juni 2007. Denn einerseits droht den Managern dabei eine existenzvernichtende Außenhaftung (eine Versicherung gegen eine Haftung für vorsätzliche Falschinformationen ist unmöglich, bei grober Fahrlässigkeit ist der Risiko unüberschaubar …
WeiterlesenBiedenkopf-Mitbestimmungskommission geplatzt
Die Biedenkopf-Kommission konnte sich nach Berichten vom Wochenanfang nicht einigen und wird keinen gemeinsamen Bericht vorlegen (der laut Koalitionsvertrag die Grundlage für einen Regierungsentwurf hätte bilden sollen: „Wir werden die – einvernehmlich erzielten — Ergebnisse der Kommission aufgreifen”).
Der noch von der Regierung Schröder eingesetzten Kommission gehören neben Biedenkopf an: Michael Sommer (DGB-Vorsitzender), Jürgen Peters (IG-Metall-Vorsitzender), Günter Reppien (Gesamtbetriebsratsvorsitzender RWE Power AG), Dieter Hundt (BDA-Präsident), Jürgen Thumann (BDI-Präsident), Manfred Gentz (ICC-Präsident), Wolfgang Streeck (Max-Planck-Institut) und Helmut Wißmann (ehemaliger Präsident des Bundesarbeitsgerichts).
Grund des Streits: Die 1976 maßgeblich auch auf Vorschlag Biedenkopfs eingeführte paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat sollte als solche unangetastet bleiben. Hingegen setzten die drei Arbeitgebervertreter auf eine (der SE nachempfundene) Verhandlung der Mitbestimmung unter den Beteiligten, wobei die …
WeiterlesenVor 30 Jahren: MitbestG verabschiedet — und heute der homo SAPiens
Vor 30 Jahren wurde das Mitbestimmungsgesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet: 389 Abgeordnete stimmten am 18. März 1976 für das Gesetz, 22 dagegen. Es gilt zurzeit für 746 Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten.
Heute wird über Sinn und Zweck der paritätischen Beteiligung in Aufsichtsräten wieder gestritten. Die Bundesregierung lässt (wie schon in den Siebzigern …) Biedenkopf die Sache prüfen (s. Koalitionsvertrag Rn. 1508). — Von der 2003 gestarteten kritischen Initiative Modernisierung der Mitbestimmung ist zurzeit nichts mehr zu hören. — Die Zeitschrift der Hans Böckler Stiftung resümiert den Akt aus Sicht des DGB, dessen Vorsitzender Sommer mit diesem Zitat über die SAP-Mitarbeiter nachdenklich macht: „Vor kurzem habe ich in einer Bar in Heidelberg Beschäftigte des Unternehmens beobachtet. …
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