Eine „Konsultation zum unausgewogenen Geschlechterverhältnis in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen in der EU” hat die EU-Kommission für Justiz gestartet. Ich werde die Fragen der Kommissarin leider nicht beantworten können, denn sie setzen voraus, dass der „Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen” eine EU-Angelegenheit sei — und es nur noch um das „wie” gehe. So wird die entscheidende Frage gar nicht erst gestellt. Sie lautet: Ist es die Aufgabe/Kompetenz des Staates (der EU), die Geschlechterzusammensetzung von Gremien privater Rechtsträger vorzugeben?
Nein.
Ich glaube, man sollte sich in diese Debatte auch einschalten, wenn man gegen eine Quote ist — damit am Ende nichts vollkommen Unverhältnismäßiges herauskommt.
Die Quote für Aufsichtsräte wird wohl ohnehin kommen (und wenn auch nur in „weicher” Form). Wenn sie moderat und befristet ist, kann man damit leben. Wesentlich bedenklicher stimmt dagegen eine Vorstandsquote, wie sie dieser Tage ein SPD-Gesetzentwurf vorschlägt — schon gar, wenn diese 40% (!) betragen soll.
Wenn man, wie die Unternehmen und Aktienlobbyisten, ständig nach dem Staat ruft, bekommt ihn auch dort, wo man ihn nicht unbedingt haben möchte. Die Begrenzung der Vorstandsgehälter gehört auch in diese Kategorie.
Für denkbare Gesetzesinitiativen von Frau Reding auf europäischer Ebene gibt es einen zentralen juristischen Einwand: Ausweislich des aus meiner Sicht inhaltlich hervorragenden Aufsatzes von Prof. Jens Koch, EU-Kompetenz für eine Frauenquote in den Führungsgremien von Aktiengesellschaften, ZHR 175 (2011)827 – 850 hat die EU überhaupt keine Gesetzgebungskompetenz (Verbandskompetenz) für irgendwelche gesetzlichen Quoten auf EU-Ebene.
Es ist trotz dieses „eindeutigen” Befundes aber mehr als zweifelhaft, ob das Argument fehlender Gesetzgebungskompetenz Frau Reding in ihrem Gesetzgebungsdrang wirklich wird stoppen können — die „Doppelquote“ in VS und AR auch deutscher Aktiengesellschaften scheint ihr Lebenswerk werden zu sollen!
Ich lehne Frauenförderung nicht ab, kann aber zumindest „starre Quotenregelungen” nicht mit meinem Verständnis von Rechtsstaat in Einklang bringen. Es stellt sich auch die Frage, warum ein solcher „gleichstellender” Staat dann auch nicht für andere Gruppen, die (vermeintlich) diskriminiert werden, mit gleicher Macht eintritt.
Nun bin ich bin auf eine sog. E‑Petition allgemein gegen gesetzliche Quotenregelungen aufmerksam geworden, die man bis Mitte April 2012 unterzeichnen kann:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;petition=23375;sa=sign
Ich denke, dass ein passives Abwarten in der Hoffnung, der Sturm möge schon vorüberziehen, angesichts der Medienmacht, die eine gesetzliche Quotenregelung herbeischreibt, keine Lösung ist.
Leider vermisse ich eine breitangelegte Unterschriftenaktion im Internet, die sachlich die verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken gegen die Quote in den Vordergrund stellt; ich würde diese sofort unterzeichnen.