„Inländische börsennotierte Gesellschaften haben gemäß § 67d des Aktiengesetzes Informationen über die Identität ihrer Aktionäre zum Zeitpunkt ihres Gewinnverteilungsbeschlusses zu verlangen und die ihnen übermittelten Informationen elektronisch nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung unverzüglich elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.“ So sieht es § 45b Abs. 9 Einkommensteuergesetz-Entwurf vor (verpackt in Art. 1 Nr. 6 eines Gesetzes zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer, kurz: AbzStEntModG).
Die Aktionärsrechte-Richtlinie (2017) gibt vor (Art. 3a I 1): „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesellschaften das Recht haben, ihre Aktionäre zu identifizieren.“ Dem folgend heißt es in § 67d Abs. 1 S. 1 AktG: „Die börsennotierte Gesellschaft kann von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, Informationen über die Identität der Aktionäre und über den nächsten Intermediär verlangen.“
Aus diesem „kann“ will der Gesetzentwurf der Bundesregierung ein „muss“ machen, soweit es um die Dividendenzahlung geht. Ein dicker Hund! Die Identifikation des Aktionärs (know your shareholder) dient dazu, dass die Gesellschaft besseren Kontakt zu ihren Anteilseignern findet, etwa um die Hauptversammlung sachlich vorzubereiten und allgemein das zu betreiben, was man investor relation nennt, eben ein Mittel guter Unternehmenskommunikation. Diese Intention der EU-Richtlinie und des ARUG II-Umsetzungsgesetzes wird in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die Identitätsabfrage zum Hilfsmittel für die Steuerbehörden gerät. Eine Pflicht zur Ausübung dieser Abfrage bestehe nicht, hat die Gesetzesbegründung beteuert (RegBegr. BT-Drs. 19/9739, S. 66). Zwei Jahre später dann aber doch?
Nicht zuletzt ist eine Abfrage entlang der Intermediärskette mit (derzeit noch nicht genau absehbaren) Kosten verbunden. Man spricht von ca. 10 Cent pro individueller Abfrage. Schon deshalb wird die aktienrechtliche Option einer Abfrage sich auf größere Anteilspakete beziehen, nicht aber den 1‑Euro-Aktionär erfassen wollen. Die geplante steuerrechtliche Pflicht würde allerdings umfassend ansetzen und jeden betreffen. Im Gesetzentwurf sind insoweit keine regelmäßigen Kosten („Erfüllungsaufwand“) ausgewiesen.
S. auch die Intervention des Deutschen Aktieninstituts vom 23.12.2020.
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