Bundestag verabschiedet Regelung zum Delisting

Der Deut­sche Bun­des­tag hat ges­tern § 39 Bör­sen­ge­setz um eine Rege­lung des Delis­ting ergänzt. Sie gilt für alle der­ar­ti­gen Vor­gänge ab dem 7.9.2015. Ein Wider­ruf der Zulas­sung der Aktien hat zur Vor­aus­set­zung, dass ein WpÜG-Erwerbs­an­ge­bot vor­ge­legt wird. Die Gegen­leis­tung darf nur in einer Geld­zah­lung bestehen. Diese bemisst sich nach dem durch­schnitt­li­chen Bör­sen­kurs des letz­ten hal­ben Jah­res. Aus­nahms­weise ist der Wert des Unter­neh­mens zugrunde zu legen. Das ist dann der Fall, wenn Insi­der­infor­ma­tio­nen ver­schwie­gen wur­den, eine Markt­ma­ni­pu­la­tion vor­liegt oder der Bör­sen­kurs zu holp­rig war. Über die Ein­zel­hei­ten wird man wei­ter dis­ku­tie­ren, etwa dem­nächst bei der Jah­res­ta­gung der Gesell­schafts­recht­li­chen Ver­ei­ni­gung. Im Grund­sätz­li­chen dür­fen die einen bekla­gen, dass die Haupt­ver­samm­lung nicht mit dem Delis­ting befasst wird und nicht stets der Ertrags­wert aus­zu­zah­len ist. Die ande­ren mögen wei­ter kri­ti­sie­ren, dass eine Abfin­dung über­haupt vor­ge­se­hen ist, da der Aktio­när doch nicht aus­schei­den muss. Das alles ist aber rechts­po­li­ti­sche Kri­tik, denn der Gesetz­ge­ber (!) hat entschieden.

Mit die­ser aus­ge­wo­ge­nen Rege­lung fin­det eine Kon­tro­verse ihr legis­la­to­ri­sches Ende, die vor zwei Jah­ren durch die Frosta”-Entscheidung des BGH ange­facht wurde. Der II. Zivil­se­nat hat sich nicht als Ersatz­ge­setz­ge­ber ver­stan­den, nach­dem das BVerfG die wesent­li­che Grund­rechts­re­le­vanz des Vor­gangs eines Bör­sen­rück­zugs ver­neinte. Dafür ist der BGH von man­chen wegen man­geln­den Mutes kri­ti­siert wor­den, zu Unrecht. Denn die jetzt vor­lie­gende dezi­dierte Rege­lung, die Grund­satz und Aus­nahme sowie das Ver­fah­ren beinhal­tet, hätte als fall­be­zo­ge­nes Recht­spre­chungs­dik­tum schwer­lich eta­bliert wer­den kön­nen. Es ist die genuine Auf­gabe der Legis­la­tive, in einer so kom­ple­xen Situa­tion eine Inter­es­sen­ab­wä­gung vor­zu­neh­men und unab­hän­gig von einem kon­kre­ten Streit­fall auf das Ganze zu blicken.

Eine wei­tere Lehre kann gezo­gen wer­den. Nach­dem der BGH den Ball in das Feld des Gesetz­ge­bers beför­dert hat, blie­ben die der Gesetz­ge­bung vor­ar­bei­ten­den Minis­te­rien (die Exe­ku­tive) von außen gese­hen untä­tig. Zwi­schen Jus­tiz- und Finanz­mi­nis­te­rium wurde der Ball hin- und her gespielt, Bera­tungs­zir­kel ein­ge­rich­tet und Gut­ach­ten ange­for­dert. Erst durch die Initia­tive eini­ger Abge­ord­ne­ter kam im Früh­jahr 2015 wie­der Bewe­gung in die Sache. Es sollte bei einem lau­fen­den Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren auf­ge­sat­telt wer­den, wie es dann auch geschah. Zunächst war an die Akti­en­rechts­no­velle gedacht, schließ­lich lan­dete man bei dem Trans­pa­renz­richt­li­nie-Umset­zungs­ge­setz. In der Bun­des­tags­de­batte wurde diese Vor­ge­hens­weise von der Oppo­si­tion ange­sichts der zwei Jahre seit Frosta” aufs Korn genom­men. Denn es han­delt sich nicht um eine tech­ni­sche oder redak­tio­nelle Geset­zes­er­gän­zung, son­dern durch­aus um eine bedeu­tende kapi­tal­markt- und gesell­schafts­recht­li­che Rege­lung. Dass die Abge­ord­ne­ten der Koali­ti­ons­frak­tio­nen im Rechts- und Finanz­aus­schuss des Bun­des­ta­ges zur Tat schrit­ten, ist den­noch eine begrü­ßens­werte Sache. Wird nicht immer beklagt, dass Geset­zes­ar­beit zu sehr minis­te­ri­al­do­mi­niert sei, wäh­rend doch die Mit­glie­der des Bun­des­ta­ges dafür zustän­dig sind? Das Delis­ting-Thea­ter 2015, das als sol­ches bald ver­ges­sen sein wird, mag künf­tig als Gegen­bei­spiel dienen.

Der Bei­trag wurde zuerst ver­öf­fent­lich im Han­dels­blatt-Rechts­board v. 2.10.2015.

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