Das LG Düsseldorf (Urt. v. 16.05.2007; Az. 36 O 99/06) ist der Auffassung, dass Beschlüsse einer erst nach Mitternacht beendeten Hauptversammlung nichtig sind.
„Die Nichtigkeitsfolge ergibt sich aus § 241 Nr. 1 AktG. Danach ist ein Beschluss nichtig, der unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 u. 3 AktG zustande gekommen ist. Nach § 121 Abs. 3 Satz 2 ist mit der Einladung zur Hauptversammlung lediglich der Beginn der Hauptversammlung zu bestimmen. Das voraussichtliche Ende derselben muss nicht bekannt gemacht werden. Wird allerdings die Hauptversammlung am nächsten Tage fortgeführt, liegt gleichwohl ein Fehler vor, im Sinne des § 121 Abs. 3 AktG. Es ist gerade Sinn und Zweck der Zeitangabe nach Abs. 3 Satz 2 dieser Vorschrift, dass sich die Aktionäre durch eine rechtzeitige organisatorische Disposition auf den zeitlichen Rahmen der Hauptversammlung einrichten können. Ist zu erwarten oder möglich, dass die Hauptversammlung über den Tag hinaus dauert, muss die Einberufung in der Bekanntmachung den Folgetag zumindestens fakultativ vorsehen (vgl. Kubis, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 121 Anm. 34). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dies unterlassen, obwohl schon allein wegen des Delisting-Beschlusses offenbar war, dass die Hauptversammlung länger als normal dauert. Die Kammer schließt sich der Literatur im oben genannten Sinne an, die Beschlüsse am Folgetag schon deswegen für nichtig erhält, weil es an einer ordnungsgemäßen Einberufung fehlt. Selbst wenn eine Dauer der Hauptversammlung über den Tag hinaus nicht absehbar ist, muss auch diese Rechtsfolge gelten. Denn dem Versammlungsleiter wird spätestens kurz vor Mitternacht klar, dass die Hauptversammlung nicht zu Ende zu bringen ist. Folgebeschlüsse ergehen offenbar entgegen den Einberufungsvorschriften gemäß § 121 AktG. Es ist deshalb Sache des Versammlungsleiters auf der Versammlung ein Einverständnis herzustellen oder die Versammlung zu schließen und erneut die Hauptversammlung unter Beachtung der zwingenden Formvorschrift des § 121 AktG zu verweisen (vgl. im Ergebnis mit weiteren Nachweisen und Rechtsprechung der Literatur: Kubis, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die angeführten Gründe der Überschreitung der Hauptversammlung hierfür grundsätzlich unbeachtlich. § 121 AktG stellt eine objektive Formerfordernis auf. Der Versammlungsleiter kann im übrigen von den ihm gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, etwa missbräuchliche Fragen oder Verzögerungsversuche der Hauptversammlung durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. Unterlässt er dies, muss davon ausgegangen werden, dass die Hauptversammlung im gesetzlichen Rahmen abläuft. Folglich muss er auch von der Gesellschaft eingehalten werden, was die Einladung zur Hauptversammlung, den Versammlungstag und die Beschlussfassung an diesem Tage betrifft.”
Im Fall des LG Düsseldorf gab es freilich noch die Besonderheit (worauf die Kammer nicht eingeht), dass die Abgabe der Stimmkarten noch am HV-Tag vor Mitternacht abgeschlossen war und sich lediglich die Auszählung bis nach Mitternacht verzögerte. Zwar ist die HV formal erst mit der Beschlussfeststellung und der entsprechenden Erklärung des Versammlungsleiters beendet. Aber die vorliegend betonten Partizipationsinteressen der Aktionäre sind gewahrt, wenn am Einberufungstag die Abstimmung vorbei ist und in den Anfangsminuten des Folgetages nur noch die Verkündung der Beschlüsse erfolgt.
Wäre man gemäß der Begründungslinie des Urteils konsequent, so müsste schon die HV nach „Feierabend” die „organisatorischen Dispositionen” der Aktionäre durchkreuzen, die etwa mit dem Abendzug nach Hause fahren wollen. Darauf kann es also nicht entscheidend ankommen.
Im Übrigen bringen die vorstehend formulierten Anforderungen den Versammlungsleiter in größte Kalamitäten: Ist er zu forsch, wird die Verletzung des Rede- und Fragerechts gerügt; ist er zu lax und geht die Show bis zur (angeblich) kritischen Mitternachtsstunde: s.o.
Ein Kommentar